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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 276/02, Beschluss v. 04.09.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 276/02 - Beschluss vom 4. September 2002 (LG Lübeck)

Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe.

§ 55 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 29. April 2002 im Ausspruch der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 13 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie wegen sexuellen Mißbrauchs in fünf Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen zur (weiteren) Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; soweit es sich gegen die beiden Schuldsprüche, die Einzelstrafaussprüche, die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den Maßregelausspruch richtet, ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. August 2002 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren kann jedoch keinen Bestand haben.

Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, daß er die Taten unter II. Ziffern 6 bis 13 und 15 bis 19 der Urteilsgründe vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Bad Schwartau vom 12. September 1997 begangen hat. Die damals wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz ausgesprochene Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 DM, von deren Einbeziehung das Landgericht - insoweit rechtsfehlerfrei, weil diese Vorschrift auch bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung Anwendung findet (Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 55 Rdn. 36) - gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen hat, wurde jedoch in das Urteil des Amtsgerichts Bad Schwartau vom 6. Januar 1998 einbezogen. Zusammen mit einer Einzelstrafe wegen Diebstahls wurde nachträglich eine "Freiheitsstrafe" von drei Monaten und zwei Wochen gebildet (UA S. 5). Zwar teilt das Landgericht die Tatzeit des Diebstahls nicht mit; es liegt wegen der erfolgten nachträglichen Gesamtstrafenbildung aber nahe, daß der Diebstahl (ebenfalls) vor dem 12. September 1997 begangen wurde. Sollte dies zutreffen, dann hätte das Landgericht aber unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe die Einzelfreiheitsstrafe des Amtsgerichts Bad Schwartau vom 6. Januar 1998 wegen Diebstahls einbeziehen müssen. Dieser Mangel führt zur Aufhebung der betroffenen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.

Die der Gesamtstrafenbildung zugrunde liegenden Feststellungen einschließlich denjenigen, daß die Taten unter II. Ziffern 6 bis 13 und 15 bis 19 - 4 - der Urteilsgründe vor dem 12. September 1997 begangen wurden (UA S. 19), sind im übrigen rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben.

Zu ihnen nicht im Widerspruch stehende ergänzende Feststellungen sind zulässig.

Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob die durch das Amtsgericht Eutin am 3. Dezember 1997 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ausgesprochene Freiheitsstrafe von sechs Monaten (UA S. 5) ebenfalls gesamtstrafenfähig ist; dazu wird es der Feststellung bedürfen, wann der Angeklagte diese Tat - was das angefochtene Urteil nicht mitteilt - begangen hat.

Bearbeiter: Ulf Buermeyer