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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 176/02, Beschluss v. 26.06.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 176/02 - Beschluss vom 26. Juni 2002 (LG Kleve)

Keine reformatio in peius bei bloßer Änderung von Schuldspruch und Kostenentscheidung; kein Freispruch hinsichtlich Einzeltaten, wenn diese in Tateinheit statt der zunächst angeklagten Tatmehrheit stehen.

§ 331 StPO; § 358 Abs. 2 StPO; § 260 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 28. Januar 2002 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Jedoch wird die Urteilsformel dahin geändert, daß der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 Fällen, Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung in drei Fällen und versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt ist.

Mit dem Wegfall des "Freispruchs im übrigen" entfällt die teilweise Auferlegung der Kosten des Verfahrens und der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf die Landeskasse.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Der Senat bemerkt zur Änderung der Urteilsformel

Der Teilfreispruch entfällt.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 80 tatmehrheitlich zusammentreffenden Fällen angeklagt, begangen in 30 Fällen durch den Verkäufer S. und in 50 Fällen durch den Verkäufer H. Nach den getroffenen Feststellungen veräußerte H. Rauschgift aus vier vom Angeklagten angelegten Vorräten, so daß die Strafkammer die 50 angeklagten Fälle, die sie alle als erwiesen ansah, zu vier Bewertungseinheiten zusammengefaßt und den Angeklagten insoweit rechtsfehlerfrei nur wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen verurteilt hat (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 3, 4 und 13). Beim Wegfall tatmehrheitlich angeklagter Delikte durch die Annahme von Bewertungseinheiten ist der Angeklagte nicht freizusprechen, wenn sich - wie hier - die weggefallenen materiell-rechtlich selbständig angeklagten Taten als Bestandteil der Taten erweisen, derentwegen Verurteilung erfolgt ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 12; BGH NStZ 1994, 547). Denn in einem solchen Fall wird der gesamte Verfahrensgegenstand durch die Verurteilung erschöpfend erledigt (vgl. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 260 Rdn. 40, 41). Soweit der Senat in einer einzelnen früheren Entscheidung (BGH NStZ. 1997, 90) eine andere Auffassung vertreten hatte, hält er hieran nicht fest.

Das Verbot der "reformatio in peius" (§ 358 Abs. 2 StPO) steht der Änderung des Schuldspruchs und der Kostenentscheidung zu Ungunsten des Angeklagten nicht entgegen (vgl. Kleinknecht/ Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 331 Rdn. 6 und 8).

Bearbeiter: Ulf Buermeyer