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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 102/02, Beschluss v. 23.04.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 102/02 - Beschluss vom 23. April 2002 (LG Düsseldorf)

Besondere Schwere der Schuld; zulässiges Verteidigungsverhalten; Bestreiten; Reue.

§ 211 StGB; § 57 a Abs. 1 Nr. 2 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. November 2001

a) im Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte bei beiden Taten jeweils des tateinheitlich begangenen Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe und des Führens einer solchen Waffe schuldig ist,

b) im Ausspruch über die besondere Schwere der Schuld aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit "mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz" und wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und "mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz" unter Einbeziehung der Strafe aus einer gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten festgestellt.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist sie unbegründet i. S. des § 349 Abs. 2 StPO.

Die bei Berücksichtigung der die Tat prägenden Umstände an sich naheliegende Annahme der besonderen Schuldschwere gemäß § 57 a Abs. 1 Nr. 2 StGB kann keinen Bestand haben. Bei seiner in diesem Zusammenhang erforderlichen Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat das Landgericht zu dessen Nachteil angeführt: "Die in den Einlassungen vor der Kammer zutage getretenen Beschönigungstendenzen geben deutlich zu erkennen, dass bei dem Angeklagten von Reue nicht die Rede sein kann."

Diese Erwägungen verstoßen gegen den auch bei der Prüfung der besonderen Schuldschwere geltenden Grundsatz, dass einem Angeklagten ein zulässiges Verteidigungsverhalten nicht als schulderhöhender Umstand angerechnet werden darf. Ebenso ist es nicht zulässig, dem - jedenfalls in der Hauptverhandlung - einen Tötungsvorsatz bestreitenden Angeklagten fehlende Reue anzulasten.

Bearbeiter: Ulf Buermeyer