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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 228/00, Beschluss v. 21.07.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 228/00 - Beschluß v. 21. Juli 2000 (LG Oldenburg)

Beweiskraft des Protokolls der Hauptverhandlung

§ 274 StPO

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im übrigen wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in fünf Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg. .

Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift vom 31. Mai 2000 ausgeführt:

"Während der Hauptverhandlung vom 17. November 1999 wurde die Öffentlichkeit für die Vernehmung der Zeugin Nina M. ausgeschlossen. Nach der Entlassung der Zeugin wurde der Beschluss gefasst, die Öffentlichkeit wieder herzustellen. Im Protokoll fehlt jedoch jeder Hinweis darauf, dass dieser Beschluss ausgeführt worden ist. Zu den wesentlichen Förmlichkeiten, für die die besondere Beweiskraft des § 274 StPO gilt, gehört nicht nur der Beschluss über die Wiederherstellung der Öffentlichkeit, sondern auch dessen Ausführung (BGH bei Holtz MDR 1977, 810, BGH bei Herlan GA 1971, 34): Damit beweist das - nicht lückenhafte oder widersprüchliche - Protokoll, dass die weitere Beweisaufnahme nach der Vernehmung der Zeugin Nina M. in unzulässiger Abwesenheit der Öffentlichkeit stattgefunden hat, was den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO erfüllt."

Dem tritt der Senat bei.

Sollte der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter zu den Fällen II. 12.-16. keine von dem aufgehobenen Urteil abweichenden Feststellungen treffen, wird er zu beachten haben, daß jeweils - auch - eine Verurteilung des Angeklagten nach § 176 StGB a.F. in Betracht kommt, wenn eine Tatzeit ab dem 23. April 1993, dem 14. Geburtstag des Tatopfers Muriel M. , ausgeschlossen werden kann. Dagegen kann in den Fällen II. 12., 13., 15. und 16. der Aburteilung der Tat nach § 174 StGB der Eintritt der Verfolgungsverjährung entgegenstehen, wenn die jeweilige Tatzeit nicht ausschließbar vor dem 12. September 1991 lag. Denn als früheste, die Verjährung unterbrechende Handlung kommt der Durchsuchungsbeschluß vom 12. September 1996 (Bd. I Bl. 44 d.A.) in Betracht (zur Unterbrechungswirkung von Ermittlungshandlungen in Verfahren wegen serienmäßig begangenen sexuellen Mißbrauchs von Kindern vgl. BGH, Urt. vom 14. Juni 2000 - 3 StR 94/00, zur Veröffentlichung bestimmt).

Bearbeiter: Rocco Beck