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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 425/99, Beschluss v. 22.12.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 425/99 - Beschluß v. 22. Dezember 1999 (LG Frankfurt/Main)

Fehlerhafte Strafzumessung

§ 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die berufliche Stellung des Täters darf nur dann zu seinen Lasten berücksichtigt werden, wenn zwischen dem Beruf und der Straftat eine innere Beziehung besteht.

2. Das ein Angeklagter durch die Tat seinen eigenen religiösen Vorstellungen zuwidergehandelt; daß der Täter seine persönlichen Wertmaßstäbe und Verhaltensnormen verfehlt, ist seine persönliche Angelegenheit und kann daher keinen Straferschwerungsgrund abgeben.

Entscheidungstenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. April 1999 im Strafausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

II. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem lag zugrunde, daß sich der Angeklagte, der bei der Air als "flugbegleitende Sicherheitskraft" eingesetzt war, am Morgen des 28. März 1997 in der Crew Lounge des Hotels am Flughafen an einer ihm vorher unbekannten Stewardeß der Airlines vergangen hatte.

Mit seiner Revision rügt er die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit es dem Schuldspruch gilt (§ 349 Abs. 2 StPO); dessen Nachprüfung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat zur Strafzumessung unter anderem folgendes ausgeführt:

"Auch wirkte sich zu Ungunsten des Angeklagten aus, daß seine berufliche Aufgabe die Gewährung von Sicherheit ist. Von daher ist bei seinem Vorgehen eine erhöhte kriminelle Energie festzustellen. Auch verstieß sein Vorgehen gegen seine eigenen religiösen Vorstellungen als frommer Muslim."

Diese Erwägungen sind rechtsfehlerhaft. Die berufliche Stellung des Täters darf nur dann zu seinen Lasten berücksichtigt werden, wenn zwischen dem Beruf und der Straftat eine innere Beziehung besteht (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 10 m.w.N.). Daran fehlt es. Zwischen der Straftat des Angeklagten und seiner beruflichen Stellung als "flugbegleitende Sicherheitskraft" besteht kein Zusammenhang; weder verübte er die Tat während eines Fluges, an dem er als Sicherheitsbegleiter teilnahm, noch gehörte das Tatopfer zu den Personen, für deren Sicherheit er verantwortlich war.

Rechtsfehlerhaft ist auch die strafschärfende Berücksichtigung des Umstands, daß der Angeklagte durch die Tat seinen eigenen religiösen Vorstellungen zuwidergehandelt hat; daß der Täter seine persönlichen Wertmaßstäbe und Verhaltensnormen verfehlt, geht nur ihn allein etwas an und kann daher keinen Straferschwerungsgrund abgeben.

Der Strafausspruch muß daher aufgehoben werden. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, daß es im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB auch Bedenken begegnet, dem vom Tatopfer empfundenen "Gefühl der Erniedrigung" strafschärfende Bedeutung beizumessen, soweit eine solche Empfindung zu den regelmäßigen Folgen einer derartigen Sexualstraftat gehört.

Die Feststellungen werden insgesamt aufrechterhalten, da es sich bei den zur Aufhebung führenden Rechtsmängeln um Wertungsfehler handelt. Dem neu entscheidenden Tatgericht bleibt es jedoch unbenommen, ergänzende, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen.

Externe Fundstellen: NStZ 2000, 366

Bearbeiter: Rocco Beck