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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 219/99, Beschluss v. 16.06.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 219/99 - Beschluß v. 16. Juni 1999 (LG Frankfurt/Main)

Verletzung des § 258 Abs. 2 und 3 StPO; Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

§ 258 Abs. 2 und 3 StPO; § 64 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Das Tatgericht hat diese Maßregel (§ 64 StGB) zu erörtern und gegebenenfalls zwingend anzuordnen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen (z. B. Taten im Zusammenhang mit Alkohol oder Drogenmißbrauch) vorliegen, ein Wahlrecht oder ein Spielraum ist ihm dabei nicht eingeräumt.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. November 1998 - soweit die Angeklagten verurteilt worden sind - mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schweren Raubes zu Freiheitsstrafen verurteilt. Deren Revisionen haben mit der Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2 und 3 StPO Erfolg.

Den Angeklagten wurde nach den Schlußvorträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger das letzte Wort nicht gewährt. Dies ist - als wesentliche Förmlichkeit (BGHSt 22, 278, 280) - durch den Inhalt der Sitzungsniederschrift bewiesen (§ 274 StPO). Ein Fall, in dem ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung des § 258 Abs. 2 und 3 StPO beruht, ist nicht gegeben, ebensowenig die Möglichkeit, daß nur der Strafausspruch, nicht auch der Schuldspruch, von dem Verfahrensfehler berührt wird (zum Beruhen vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. 258 Rdn. 34 m.w.N.; BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 7 bis 9; BGH, Beschl. vom 16. März 1999 - 4 StR 588/98).

Die Sache muß deshalb neu verhandelt werden. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob gemäß § 64 StGB die Unterbringung beider Angeklagter in einer Entziehungsanstalt in Betracht kommt. Das Tatgericht hat diese Maßregel zu erörtern und gegebenenfalls (nach Anhörung eines Sachverständigen: § 246 a StPO) zwingend anzuordnen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen (z. B. Taten im Zusammenhang mit Alkohol oder Drogenmißbrauch) vorliegen, ein Wahlrecht oder ein Spielraum ist ihm dabei nicht eingeräumt (st. Rspr. vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363; Detter NStZ 1999, 124. m.w.N.).

Bearbeiter: Rocco Beck