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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 137/98, Urteil v. 20.01.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 137/98 - Urteil vom 20. Januar 1999 (LG Hanau)

Schuldprinzip, Generalprävention, Spezialprävention, Vereinigungskriminalität, Strafzumessung

§ 46 StGB; § 266 StGB

Entscheidungstenor

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 27. November 1997 wird verworfen.

2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch das Rechtsmittel erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

I .

Das Landgericht Hanau hat den Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil der Firma K. (im folgenden K. ) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt mit der Sachrüge eine höhere Bestrafung des Angeklagten, zumindest den Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

II.

Die Verneinung eines besonders schweren Falles der Untreue und die Bemessung der Strafe weisen keinen Rechtsfehler auf. Die verhängte Strafe ist nicht so milde, daß sie ihre Bestimmung als gerechter Schuldausgleich nicht mehr zu erfüllen vermag (vgl. BGHSt 29, 319, 320).

Das Landgericht hat alle wesentlichen strafschärfenden und strafmildernden Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. Es hat zu Lasten des Angeklagten den hohen Schaden und die Folgen der Tat angeführt. Dabei hat es dem Angeklagten insbesondere angelastet, daß er den Niedergang der K.-GmbH, eines ostdeutschen Unternehmens, verursacht hat, das ihm von der Treuhand überlassen worden war und dessen Fortbestand er sichern sollte.

Strafmildernd hat die Strafkammer das Geständnis des Angeklagten, sein straffreies Vorleben und das Bemühen um Schadenswiedergutmachung bewertet; letztlich auch die aufgrund seines Alters (73 Jahre) und seiner Erkrankung erhöhte Strafempfindlichkeit.

Diese Gesichtspunkte hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei auch bei der Entscheidung über die Gewährung von Strafaussetzung gemäß § 56 Abs. 1 StGB berücksichtigt. Mit der Frage, ob die Verteidigung der Rechtsordnung gemäß § 56 Abs. 3 StGB dennoch die Vollstreckung der Strafe gebietet, hat sich das Landgericht allerdings nicht ausdrücklich auseinandergesetzt.

Eine Erörterung dieser Vorschrift war im vorliegenden Fall an sich geboten. Der Angeklagte hat in verwerflicher Weise das von der Treuhand ohne eigenen Kapitaleinsatz erworbene Unternehmen seinen eigenen Interessen geopfert.

Gegenüber einem derartigen Verhalten, das auch als "Vereinigungskriminalität" bezeichnet wird, besteht besonders in den neuen Bundesländern eine erhöhte Sensibilität, die bei der Beurteilung der Frage, ob die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor dem Unrecht erscheinen muß, nicht außer acht gelassen werden darf.

Indessen hat das Landgericht bei der Strafzumessung den vorwerfbaren besonderen Unrechtsgehalt der Tat ausdrücklich hervorgehoben. Es ist deshalb nicht zu besorgen, daß sie ihn bei der Entscheidung darüber, ob die Vollstreckung der Strafe geboten ist, übersehen hat.

Die schuldangemessene Strafe darf aus general- und spezialpräventiven Erwägungen nicht überschritten werden; auch die Entscheidung über die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung steht unter dieser Prämisse.

Die zu Gunsten des Angeklagten sprechenden, in seiner Person begründeten strafmildernden Gesichtspunkte waren auch bei der Entscheidung der Frage zu berücksichtigen, ob die Vollstreckung der Freiheitsstrafe erforderlich ist.

Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, daß die Kammer diese Frage unter Berücksichtigung aller wesentlichen Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei verneint hat.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 1999, 136; StV 2000, 18

Bearbeiter: Ulf Buermeyer