hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1168

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 557/24, Beschluss v. 04.06.2025, HRRS 2025 Nr. 1168


BGH 2 StR 557/24 - Beschluss vom 4. Juni 2025 (LG Erfurt)

Konkurrenzen (Tateinheit zwischen eigenem Cannabishandel und Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis, Beweiswürdigung).

§ 52 StGB; § 53 StGB; § 34 KCanG; § 261 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23. April 2024, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis in Tateinheit mit Besitz von Cannabis in neun Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist,

b) aufgehoben im Ausspruch über die weiteren Einzelstrafen in den Fällen II. 2. l und II. 2. m der Urteilsgründe; diese entfallen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ in Tateinheit mit Besitz von Cannabis „in nicht geringer Menge“ in neun Fällen sowie tatmehrheitlich wegen Handeltreibens mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 7.690 Euro erkannt.

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die aufgrund der Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils ergibt einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur, soweit das Landgericht in den Fällen II. 2. l und II. 2. m der Urteilsgründe tatmehrheitlich ein (eigenes) Handeltreiben mit Cannabis angenommen hat.

a) Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hatten sich der Angeklagte und der Mitangeklagte S. unter Führung der Mitangeklagten D. und F. seit Juni 2020 zu einer Bande zusammengeschlossen, deren Ziel es war, jeweils mehrere Kilogramm Marihuana - und vereinzelt auch Kokain - zu erwerben und gewinnbringend weiterzuverkaufen. In Ausführung des gemeinsamen Tatplans kam es in der Zeit bis Mai 2021 zu mehreren Cannabislieferungen an die Gruppierung, an denen sich der Angeklagte in neun Fällen durch anschließende Lagerung - in einigen Fällen darüber hinaus auch durch Entgegennahme der Lieferungen und Übergabe des Kaufpreises - beteiligte. Weiterhin übernahm er aus der Lieferung vom 26. Februar 2021 ein Kilogramm (Fall II. 2. l der Urteilsgründe) und aus der Lieferung vom 20. April 2021 (Fall II. 2. m der Urteilsgründe) insgesamt 850 Gramm für eigene Zwecke. Durch den - von Anfang an beabsichtigten - gewinnbringenden Weiterverkauf des übernommenen Cannabis (mit Ausnahme eines Eigenkonsumanteils von 30 Prozent im Fall II. 2. l der Urteilsgründe) erzielte der Angeklagte einen Gesamterlös in Höhe von 7.690 Euro.

b) Die rechtliche Wertung des Landgerichts, der eigene Cannabishandel trete tatmehrheitlich neben die in den Fällen II. 2. l und II. 2. m der Urteilsgründe ebenfalls verwirklichte Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Die Delikte stehen jeweils im Verhältnis der Tateinheit, weil sich die jeweiligen Tathandlungen überschneiden.

Im Fall II. 2. l der Urteilsgründe teilte der Angeklagte dem Mitangeklagten D. am 26. Februar 2021 per ANOM-Chatnachricht um 12:29 Uhr mit, die Lieferung (von insgesamt zehn Kilogramm Cannabis) angenommen zu haben. Der Bitte um Übersendung von Fotos der Ware kam der Angeklagte um 12:37 Uhr nach. In unmittelbarem Fortgang dieser Beihilfehandlungen um 12:40 Uhr bezog er sodann auch das Cannabis, indem er den Mitangeklagten D. um Erlaubnis fragte, ein Kilogramm übernehmen zu dürfen, was dieser zwei Minuten später durch weitere Nachricht gestattete.

Auch im Fall II. 2. m der Urteilsgründe hat das Landgericht dem ANOM-Chat zwischen dem Angeklagten und dem Mitangeklagten D. vom 30. April 2021 entnommen, dass dieser während eines Austauschs über die Verfahrensweise des zuvor verschafften Cannabisbestands der Bande („Was soll ich mit de[m] Rest machen[?] [B]in ja auch ab Dienstag nicht mehr da[!]“), den der D. auf Nachfrage mit 1,85 Kilogramm angab, anzeigte, dass er davon insgesamt 850 Gramm entnehmen würde („Einmal eins und dann 268 und die 582 die ich nehme[n] würde“).

c) Der Schuldspruch ist daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO abzuändern. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 - 2 StR 101/24, NStZ 2024, 669 Rn. 7 mwN).

d) Auch im Übrigen bedarf der Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Berichtigung. Einer Kennzeichnung, dass sich die Beihilfe zum bandenmäßigem Handeltreiben mit Cannabis auf eine „nicht geringe Menge“ bezog, bedarf es in der Urteilsformel nicht, da der Qualifikationstatbestand des Bandenhandels mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG stets voraussetzt, dass sich die Tat auf eine nicht geringe Menge bezieht (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2024 - 5 StR 272/24, Rn. 6, und vom 28. August 2024 - 4 StR 480/23, Rn. 8). Hinsichtlich des Besitzes von Cannabis hatte die Kennzeichnung der nicht geringen Menge zu unterbleiben, da § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG keine Qualifikation, sondern das Regelbeispiel eines besonders schweren Falls enthält, das grundsätzlich nicht im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2024 - 3 StR 427/24, Rn. 3, und vom 7. Mai 2025 - 2 StR 134/25, Rn. 2).

2. Angesichts der Änderung der Konkurrenzverhältnisse in den Fällen II. 2. l und II. 2. m der Urteilsgründe entfallen die dort jeweils zweiten, in den Urteilsgründen für den „Weiterverkauf auf eigene Rechnung“ festgesetzten Einzelstrafen von acht Monaten Freiheitsstrafe und einem Jahr Freiheitsstrafe. Angesichts der verbleibenden neun Einzelstrafen zwischen elf Monaten sowie zwei Jahren und zwei Monaten kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht ohne die entfallenden Einzelstrafen von acht Monaten Freiheitsstrafe und einem Jahr Freiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als zwei Jahre und zehn Monate erkannt hätte, zumal eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium der Strafbemessung ist (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2025 - 5 StR 565/24, Rn. 7, und vom 15. April 2025 - 3 StR 576/24, Rn. 8, jew. mwN).

3. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1168

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede