HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 331
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 491/24, Beschluss v. 04.12.2024, HRRS 2025 Nr. 331
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 21. Juni 2024
a) aufgehoben
aa) in den Fällen II.3 und II.6 der Urteilsgründe mit den Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten,
bb) im Ausspruch zu
(1) der Einzelstrafe im Fall II.4 der Urteilsgründe,
(2) der Gesamtstrafe,
b) in der Einziehungsentscheidung in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe
aa) dahin geändert, dass
(1) im Fall II.4 der Urteilsgründe der Wert von Taterträgen in Höhe von 2.739,03 Euro und
(2) im Fall II.5 der Urteilsgründe der Wert von Taterträgen in Höhe von 2.000 Euro eingezogen wird,
bb) die weitergehenden Einziehungsentscheidungen in diesen beiden Fällen aufgehoben werden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in sechs Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt, die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 256.824,35 Euro angeordnet und eine Anrechnungsentscheidung für die in Belgien erlittene Auslieferungshaft getroffen. Die hiergegen gerichtete und auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
1. Der Schuldspruch hält in den Fällen II.1, II.2, II.4 und II.5 der Urteilsgründe rechtlicher Prüfung stand.
Zwar genügen die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten aufgrund von DNA-Mischspuren aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift dargestellten Gründen lediglich im Fall II.2 der Urteilsgründe aufgrund der dort aufgefundenen Hauptkomponente den Darstellungsanforderungen der Rechtsprechung für die Ergebnisse molekulargenetischer Gutachten. Danach ist bei DNA-Mischspuren grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellten Merkmalskombinationen bei einer anderen Person zu erwarten ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Februar 2024 - 4 StR 353/23, Rn. 5). Lediglich in Fällen, in denen Mischspuren eine eindeutige Hauptkomponente aufweisen, gelten für die Darstellung der DNA-Vergleichsuntersuchung die für Einzelspuren entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 6 StR 60/21, NStZ-RR 2021, 292; BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2020 - 6 StR 183/20, BGHR StPO § 261 Sachverständiger 16, und vom 12. August 2021 - 2 StR 325/20, StV 2020, 349 f.).
Der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Urteil in den Fällen II.1, II.4 und II.5 der Urteilsgründe auf diesem Rechtsfehler beruht. Denn der Angeklagte hat seine Täterschaft bei diesen drei Taten aufgrund konkreter Erinnerungen an die Einbrüche dezidiert zugestanden.
2. Hingegen haben die Verurteilungen in den Fällen II.3 und II.6 der Urteilsgründe keinen Bestand. Das Landgericht hat sich in beiden Fällen maßgeblich aufgrund einer DNA-Mischspur, die mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 1:28 Milliarden (Fall II.3 der Urteilsgründe) bzw. 1:38 Millionen (Fall II.6 der Urteilsgründe) auf den Angeklagten als Täter hinwiesen, von dessen Täterschaft überzeugt. Angaben zu der untersuchten Zahl der Systeme und inwieweit sich Übereinstimmungen zwischen der DNA-Mischspur und dem DNA-Profil des Angeklagten ergeben haben, enthalten die Urteilsgründe hingegen nicht. Der Senat kann in diesen beiden Fällen angesichts der begrenzten Aussagekraft des lediglich pauschalen Geständnisses des Angeklagten, der keine konkrete Erinnerung an diese beiden Taten hatte, nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II.3 und II.6 der Urteilsgründe entzieht den in diesen beiden Fällen verhängten Einzelstrafen sowie der Einziehungsentscheidung im Fall II.6 der Urteilsgründe die Grundlage.
3. Der verbleibende Strafausspruch hält nicht in allen Fällen rechtlicher Prüfung stand.
a) In den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe hat dessen Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
b) Hingegen hat die Strafkammer in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe übersehen, dass allein der objektive Verkehrswert der Beute im Zeitpunkt der Taten taugliches Strafzumessungskriterium ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 31. Juli 2024 - 5 StR 235/24, Rn. 2 mwN).
aa) Dies führt im Fall II.4 der Urteilsgründe zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Strafkammer hat hier den „besonders hohe(n) Wert der Tatbeute von mindestens 251.530,43 Euro“ strafschärfend berücksichtigt. Hierbei hat sie eingestellt, dass neben dem entwendeten Bargeld in Höhe von 3.001,02 USD, umgerechnet 2.739,03 Euro, ausweislich einer umfangreichen Stehlliste ein „Neuwertschaden“ in Höhe von 242.441,40 Euro sowie ein weiterer Schaden für drei entwendete Markentaschen im Gesamtwert von 6.350 Euro entstanden sei. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei rechtsfehlerfreier Ermittlung des Beutewertes auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte.
bb) Hingegen hat die Einzelstrafe im Fall II.5 der Urteilsgründe Bestand. Zwar hat die Strafkammer in diesem Fall neben dem entwendeten Bargeld in Höhe von mindestens 2.000 Euro den Anschaffungswert und nicht den Verkehrswert der gleichfalls gestohlenen Fahrräder in Höhe von 763,93 Euro bzw. 580 Euro festgestellt. Sie hat indes den Beutewert bei der Strafzumessung nicht strafschärfend eingestellt.
c) Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II.3, II.4 und II.6 der Urteilsgründe entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
4. Die Einziehungsentscheidung hat in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe lediglich in Höhe der entwendeten Bargeldbeträge Bestand. Auch für die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist der Verkehrswert der Beutegegenstände maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 - 2 StR 369/22, NZWiSt 2023, 469, 470, Rn. 15; BGH, Beschluss vom 27. März 2024 - 2 StR 501/23, Rn. 4; jeweils mwN). Im Fall II.4 der Urteilsgründe erfasst die Aufhebung auch die Wertersatzeinziehung für die drei Markentaschen in Höhe von 6.350 Euro. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer hier ebenfalls - rechtsfehlerhaft - auf deren Anschaffungspreis zurückgegriffen hat.
5. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von den aufgezeigten Rechtsfehlern lediglich in den Fällen II.3 und II.6 der Urteilsgründe betroffen, soweit die Täterschaft des Angeklagten festgestellt ist. Im Übrigen bleiben die Feststellungen in allen Fällen aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO). Dies gilt auch für die festgestellten Anschaffungspreise der Beutestücke in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe, denn diese Wertfeststellungen hindern die Strafkammer nicht, nunmehr deren objektive Verkehrswerte zum Tatzeitpunkt festzustellen.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 331
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede