hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1270

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 156/24, Beschluss v. 04.06.2025, HRRS 2025 Nr. 1270


BGH 2 StR 156/24 - Beschluss vom 4. Juni 2025 (LG Erfurt)

Bandenmitgliedschaft (besonderes persönliches Merkmal); Einziehung des Wertes von Taterträgen (gesamtschuldnerische Haftung).

§ 28 Abs. 2 StGB; § 73c StGB; § 30a BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Die Bandenmitgliedschaft ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 Abs. 2 StGB, das auch in der Person eines Teilnehmers gegeben sein muss.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 16. Mai 2023, soweit es ihn betrifft,

a) geändert

aa) im Schuldspruch im Fall II.B.3.13 der Urteilsgründe dahin, dass der Angeklagte des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist,

bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin, dass der Angeklagte im Umfang von 33.000 Euro als Gesamtschuldner haftet;

b) aufgehoben

aa) im Ausspruch zur Einzelstrafe in Fall II.B.3.13 der Urteilsgründe und

bb) im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine Kompensationsentscheidung getroffen und die Einziehung eines Mobiltelefons, eines GPS-Jammers, von Taterträgen in Höhe von 11.277,85 Euro sowie des Wertes von Taterträgen in Höhe von 103.322,15 Euro angeordnet.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

1. Die erhobenen Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.

2. Die Sachrüge ist teilweise begründet.

a) Der Schuldspruch im Fall II.B.3.13. der Urteilsgründe erweist sich, soweit er den Angeklagten betrifft, als durchgreifend rechtsfehlerhaft.

Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall wegen „unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ in Tateinheit mit „Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ verurteilt. Der Angeklagte hatte im Fall II.D.3.4 der Urteilsgründe, worauf sich die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe im Fall II.B.3.13. bezieht, die Zahlung des restlichen Kaufpreises von 20.000 Euro für die Lieferung von 40 Kilogramm Marihuana an den Angeklagten W. anlässlich der Lieferung von 10 Kilogramm Methamphetamin im Fall II.3.13 d) der Urteilsgründe verauslagt. Während die Verurteilung wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zu beanstanden ist, hat das Landgericht im Hinblick auf die Beihilfehandlung im Fall II.D.3.4 der Urteilsgründe, deren Strafbarkeit sich gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO nach dem im konkreten Fall milderen Konsumcannabisgesetz bestimmt, nicht festgestellt, dass der Angeklagte auch Teil der - weiteren - Bande um den Mitangeklagten W. war. Die Bandenmitgliedschaft ist aber ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 Abs. 2 StGB, das auch in der Person eines Teilnehmers gegeben sein muss (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - 2 StR 445/14, Rn. 8 mwN).

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich, da auszuschließen ist, dass der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen treffen kann, aus denen sich die Mitgliedschaft des Angeklagten auch in dieser Bande ergibt. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs sowie der Kompensationsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Indes zieht die Änderung des Schuldspruchs im Fall II.B.3.13. der Urteilsgründe die Aufhebung des Einzelstrafausspruches in diesem Fall und in der Folge des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

c) Die ansonsten rechtsfehlerfreie Einziehungsentscheidung unterfällt nur insoweit der Korrektur, als im Fall II.B.3.2. der Urteilsgründe die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten mit dem Mitangeklagten C.U. zu ergänzen ist. Das Landgericht hat bei der Einziehungsentscheidung außer Betracht gelassen, dass der Angeklagte dem Mitangeklagten C.U. einen Betrag von 33.000 Euro für ein Kilogramm Kokain zahlte, bevor er es selbst für die Gruppierung zu einem Preis von 37.500 Euro weiterverkaufte. Der Sache nach stellen der vorab geleistete Betrag einen Teil des später erzielten Gesamtertrages und der gesamte Vorgang eine einheitliche (Banden-)Tat dar, so dass, um der Gefahr einer Mehrfacheinziehung zu begegnen, die gesamtschuldnerische Haftung anzuordnen ist. Einer individuellen Benennung anderer Gesamtschuldner bedarf es nicht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Januar 2021 - 3 StR 428/20, wistra 2021, 238 Rn. 2 mwN).

d) Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1270

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede