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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 727

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 9/22, Beschluss v. 12.04.2022, HRRS 2022 Nr. 727


BGH 2 StR 9/22 - Beschluss vom 12. April 2022 (LG Aachen)

Strafaussetzung (Versagung: widersprüchliche Erwägungen).

§ 56 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten C. W. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 30. September 2021, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit das Landgericht von der Strafaussetzung zur Bewährung abgesehen hat und

b) im Ausspruch über die Maßregel.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Rechtsmittel deckt zum Schuldspruch und zur Straffestsetzung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

2. Rechtlich zu beanstanden ist aber, unbeschadet des hierbei bestehenden Beurteilungsspielraums des Tatgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - 1 StR 437/21), die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung für den nicht vorbestraften Angeklagten.

Dies hat die Strafkammer damit begründet, der Angeklagte habe seinen Hang zum Betäubungsmittelkonsum nicht aufgegeben und eine Stabilisierung sei trotz seiner jahrelangen Arbeitstätigkeit „nicht zu erwarten. Denn eine irgendwie geartete Motivation oder Veränderungsbereitschaft, den seiner Tat zugrunde liegenden Betäubungsmittelkonsum einzustellen, hat sich auch aus dieser Arbeitstätigkeit nicht ergeben“. Daher sei mit der künftigen Begehung gleichartiger Taten zu rechnen.

Diese Überlegung steht in Widerspruch zu den Ausführungen zum Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Dazu hat das Urteil auf die „Therapiewilligkeit und Änderungsbereitschaft“ beider Angeklagten verwiesen, ohne den Widerspruch in der Argumentation aufzulösen.

3. Derselbe Widerspruch in den Erwägungen zu § 56 Abs. 1 StGB einerseits und § 64 Satz 2 StGB andererseits betrifft auch die Maßregelanordnung, die deshalb ebenfalls aufzuheben ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 727

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß