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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 313

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 371/21, Beschluss v. 14.12.2021, HRRS 2022 Nr. 313


BGH 2 StR 371/21 - Beschluss vom 14. Dezember 2021 (LG Darmstadt)

Betäubungsmitteldelikte (Konkurrenzen); Beleidigung (Zäsurwirkung des Urteils).

§ 256 StPO; § 29a BtMG; § 52 StGB; § 185 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21. Juni 2021

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen schuldig ist,

b) aufgehoben im Ausspruch über

aa) die Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe sowie

bb) die beiden Gesamtstrafen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einer rechtskräftigen Verurteilung des Amtsgerichts Darmstadt vom 11. September 2019 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge, unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Darmstadt vom 29. September 2020 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch in den Fällen II.1 und II.4 der Urteilsgründe sowie zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2. Hingegen hält die konkurrenzrechtliche Bewertung der Betäubungsmitteltaten in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte Ende Februar 2020 von dem gesondert Verfolgten S. und dem Zeugen P. zum (teilweisen) Ausgleich der Betäubungsmittellieferungen in den Fällen II.2 der Urteilsgründe (offene Forderung 700 €) wie auch II.3 der Urteilsgründe (offene Forderung ebenfalls 700 €) 1.100 € entgegen. Da die Bezahlung einer gelieferten Rauschgiftmenge als Teil des Handeltreibens anzusehen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1, 7 ff.), treffen beide Rauschgiftgeschäfte in diesem Ausführungsteil zusammen und sind damit tateinheitlich verwirklicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 - 3 StR 95/18, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 4). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht den Schuldspruchänderungen nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.

b) Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe.

c) Auch die beiden Gesamtstrafenaussprüche haben keinen Bestand. Hinsichtlich des rechtskräftigen Strafbefehls vom 29. September 2020 lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, wann der Angeklagte die der Verurteilung zugrundeliegende Beleidigung beging; in dem wiedergegebenen Zitat aus der Entscheidung heißt es nur „am Tattag …“. Damit kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht hinsichtlich dieser Tat zutreffend von einer Zäsurwirkung des Urteils vom 19. Juni 2019 ausgegangen ist. Es steht zwar fest, dass mehrere Gesamtstrafen zu bilden sind, offen bleibt aber, ob die Einzelstrafe aus dem Strafbefehl vom 29. September 2020 in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 25 € in die erste oder zweite Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war.

3. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die den bestehenden nicht widersprechen dürfen, sind möglich und hinsichtlich des bisher fehlenden Tatzeitpunkts aus der Verurteilung vom 29. September 2020 erforderlich.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 313

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß