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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1204

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 80/20, Beschluss v. 19.08.2020, HRRS 2020 Nr. 1204


BGH 2 StR 80/20 - Beschluss vom 19. August 2020 (LG Kassel)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 3. Dezember 2019

a) aufgehoben, soweit die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist, und

b) im Strafausspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kassel zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von „achtzehn (18) Monaten“ verurteilt und ferner ausgesprochen, dass vier Monate hiervon wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge deckt zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Der Strafausspruch hält hingegen einer rechtlichen Prüfung nicht stand, soweit die Bildung einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe unterblieben ist.

a) Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Angeklagte am 7. Juli 2014 und damit nach der verfahrensgegenständlichen Tat (Tatzeit: 13. Mai 2014) vom Amtsgericht Melsungen rechtskräftig wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt (UA S. 4, 30). Da diese Strafe im Zeitpunkt der Hauptverhandlung vollstreckt war (UA S. 31), hat das Landgericht - im Ausgangspunkt zutreffend - insoweit von der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe nach § 55 Abs. 1 StGB abgesehen und einen Härteausgleich erörtert. Die Urteilsgründe lassen allerdings besorgen, dass die Strafkammer dieser erledigten Strafe rechtsfehlerhaft gleichwohl eine Zäsurwirkung beigemessen (UA S. 31; vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 55 Rn. 10; LK/Rissing-van Saan/Scholze, 13. Aufl., § 55 Rn. 15 jeweils mwN) und sich dadurch den Blick auf die sich nach den Feststellungen aufdrängende Prüfung einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit Verurteilungen aus den Jahren 2016 bis 2018 durch die Amtsgerichte Kassel, Hersbrück, Höxter und Passau verstellt hat.

b) Da die Prüfung einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung insoweit unterblieben ist und die Vollstreckungsstände jeweils nicht festgestellt sind, ist das angefochtene Urteil in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang aufzuheben. Die getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch tretende Feststellungen sind möglich.

2. Der Senat hat schließlich den Ausspruch über die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe den gesetzlichen Maßgaben entsprechend (§ 39 StGB) klargestellt.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1204

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner