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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 341

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 65/18, Beschluss v. 06.03.2018, HRRS 2018 Nr. 341


BGH 2 StR 65/18 - Beschluss vom 6. März 2018 (LG Frankfurt am Main)

Schwerer Raub (narkotisierende Mittel sind kein gefährliches Werkzeug).

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Ein narkotisierendes Mittel ist - selbst wenn es zu einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit führt - kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Oktober 2017 im Fall II.3. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls, versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe), versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Diebstahl (Fall II.3. der Urteilsgründe) sowie wegen Verabredung zur Begehung eines Verbrechens (Fall II.4. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen versuchten besonders schweren Raubes im Fall II.3. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

Nach den Feststellungen versuchten der Angeklagte und sein Mittäter, dem bereits stark alkoholisierten Geschädigten in einer Shisha-Bar eine K.O.-Tablette zu verabreichen, indem sie diese unbemerkt in dessen Getränk warfen. Sie beabsichtigten, dem Geschädigten anschließend im hilflosen Zustand dessen Bargeld abzunehmen. Da sich die Tablette jedoch nicht auflöste und auch beim Leeren des Glases von dem Geschädigten nicht aufgenommen wurde, sie eine zweite Tablette nicht zur Verfügung hatten und sie sich zudem von anderen Gästen beobachtet fühlten, verließen sie mit dem Geschädigten die Bar. Gemeinsam begaben sie sich in ein Hotel, wo der Angeklagte und sein Mittäter dem Geschädigten im Laufe der Nacht 1.000 Euro Bargeld aus der Hosentasche entwendeten.

Danach verwendeten der Angeklagte und sein Mittäter die K.O.-Tablette, die sie bei sich führten, um den Widerstand des Geschädigten durch Gewalt zu verhindern, zwar bei der Tat. Der Einsatz der K.O.-Tablette erfüllt aber - wovon die Strafkammer ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 19) selbst ausgeht - unter den hier gegebenen Umständen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB; danach ist ein narkotisierendes Mittel - selbst wenn es zu einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit führt - kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (so BGH, Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 473/08, NStZ 2009, 505 mit krit. Anm. Bosch, JA 2009, 737). Dies könnte zwar jedenfalls dann anders zu beurteilten sein, wenn das Verabreichen des K.O.-Mittels etwa aufgrund seiner Zusammensetzung zu erheblichen Gesundheitsrisiken für das Opfer führen würde. Jedoch ist im vorliegenden Fall die Beschaffenheit der K.O.-Tablette weder festgestellt noch sind diesbezügliche Feststellungen nach einer neuen Hauptverhandlung zu erwarten.

Der Senat hat deshalb selbst den Schuldspruch entsprechend umgestellt; § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit zwischen dem versuchten schweren Raub und dem nachfolgenden Diebstahl beschwert den Angeklagten ebenso wenig wie der Umstand, dass die Strafkammer eine versuchte gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB nicht erwogen hat.

2. Der Strafausspruch bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt. Die Strafkammer hat die im Fall II.3. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB entnommen.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 341

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2018, 141; StV 2020, 237

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner