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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 560

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 373/17, Beschluss v. 02.05.2018, HRRS 2018 Nr. 560


BGH 2 StR 373/17 - Beschluss vom 2. Mai 2018 (LG Gera)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 10. Mai 2017 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 50 Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 48 Fällen und sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 84 Fällen verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 51 Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 48 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 84 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung sechs Monate der Gesamtstrafe als vollstreckt erklärt.

Die dagegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift ausgeführt:

„Hinsichtlich der Tat zu Ziffer 1 der Urteilsgründe wird die Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO beantragt. Die Beweiswürdigung zu dieser Tat unterliegt rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat wegen des Vorwurfs zweier weiterer Taten des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil der Nebenklägerin M. eine vorläufige Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorgenommen, weil „die Konstanzanalyse der Aussagen der Zeugin […] im Ergebnis negativ“ verlaufen und nicht auszuschließen sei, „dass ein Irrtum und/oder eine Vermischung von Erinnerungen stattgefunden“ habe. Hiergegen ist zwar für sich genommen nichts zu erinnern. Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen diesen Vorwürfen und der unter Ziffer 1 abgeurteilten, ebenfalls die Nebenklägerin betreffenden Tat hätte es allerdings näherer Darlegung bedurft, ob den Einstellungsgründen auch Beweisbedeutung für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu dieser Tat zukommen konnte. Die nicht begründete Feststellung der Strafkammer, dies sei nicht der Fall, dürfte insoweit kaum ausreichen. Dessen ungeachtet enthalten die Aussagen der Nebenklägerin zu Fall 1 der Urteilsgründe auch selbst Abweichungen, die das Landgericht nur teilweise in den Blick genommen hat […]. Als rechtlich bedenklich erweist sich schließlich auch die Erwägung, von der Nebenklägerin gezeigte Verhaltensauffälligkeiten seien ein Indiz dafür, dass sie „als Kind Opfer sexuellen Missbrauchs geworden ist“. Angesichts der Möglichkeit, dass die Nebenklägerin bereits vor der hier abgeurteilten Tat von einem anderen Täter sexuell missbraucht worden ist (UA S. 5, 38, 67 f.), wäre die Berücksichtigung der Verhaltensauffälligkeiten jedenfalls dann rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht darin - wie die insoweit nicht völlig eindeutigen Urteilsgründe zumindest besorgen lassen - ein die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu Fall 1 stützendes Indiz gesehen hätte […].

Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben […].

Der Wegfall der für die Tat zu Ziffer 1 festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren hat keine Auswirkungen auf den Gesamtstrafenausspruch. Im Hinblick auf die verbleibenden 182 Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr in den Fällen 2 bis 49, drei Jahren in den Fällen 50 bis 99 und zwei Jahren in den Fällen 100 bis 183 lässt sich ausschließen, dass die Strafkammer ohne die entfallene Strafe eine geringere Gesamtstrafe ausgesprochen hätte.“

Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 560

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner