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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 845

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 73/10, Beschluss v. 07.07.2010, HRRS 2010 Nr. 845


BGH 2 StR 73/10 - Beschluss vom 7. Juli 2010 (LG Erfurt)

Gesamtstrafenbildung; Strafzumessung (Vorwurf des Bewährungsversagens: mangelnde Feststellungen).

§ 54 StGB; § 46 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 14. September 2009 in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen II. 5 und II. 6 sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe von 12 Jahren mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer als Jugendschutzkammer zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Der Angeklagte wurde wegen zweifachen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern sowie wegen vierfacher sexueller Nötigung - Vergewaltigung - in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 28. September 2006 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe sowie der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 9. Juni 2004 von zwei Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt.

Die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 9. Juni 2004 von einem Jahr und sechs Monaten wurde aufrechterhalten. Ferner wurde die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts offensichtlich unbegründet.

Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten hinsichtlich sämtlicher Einzelstrafen berücksichtigt, dass er Bewährungsversager gewesen sei (UA S. 48). Dies trifft zwar für die Taten II. 1 bis 4 zu, die in der Zeit bis Januar/ Februar 2003 begangen worden sind. Ob das auch hinsichtlich der Taten II. 5 und 6 gilt, lässt sich dem Urteil nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen. Die Bewährungszeit aus dem Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 6. Mai 1999 endete nach einer Verlängerung erst am 14. Mai 2003. Tat II. 5 geschah nach der Tat II. 4 im Januar/Februar 2003 "bei einem weiteren Mal", ohne dass sich irgendwelche Hinweise dafür finden, in welchem zeitlichen Abstand zu dieser Tat sich das neue Geschehen ereignet hat. Auch dass die Tat II. 6 nach einem Zeitraum von einer Woche bis einem Monat nach der Tat II. 5 stattgefunden hat, führt zu keiner zeitlichen Eingrenzung, die die Einschätzung der Kammer, der Angeklagte sei insoweit Bewährungsversager, nachvollziehbar erscheinen lässt.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen und im Gesamtstrafenausspruch. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen und auch zu einer geringeren Gesamtstrafe gelangt wäre. Unberührt bleibt die aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 9. Juni 2004 aufrechterhaltene Gesamtstrafe und - entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts - die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Die neu zur Entscheidung berufene Kammer wird entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts bei der Gesamtstrafenbildung zu beachten haben, dass dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 9. Juni 2004 Zäsurwirkung zukommt und zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe deshalb nur die gesondert verhängte Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem genannten Urteil in Betracht kommt.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 845

Bearbeiter: Karsten Gaede