hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 81

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 397/10, Beschluss v. 18.11.2010, HRRS 2011 Nr. 81


BGH 2 StR 397/10 - Beschluss vom 18. November 2010 (LG Wiesbaden)

Wertersatzverfall (erforderliche Feststellungen zum verblieben Vermögenswert; Härtefallvorschrift).

§ 73a StGB; § 73c StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 17. März 2010, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und außerdem den Verfall von Wertersatz in Höhe von 22.500 € angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Antrag ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich bei der Verfallsanordnung ersichtlich allein daran orientiert, dass der Angeklagte für seine Beteiligung an dem Anbau der Marihuanaplantage insgesamt mindestens 22.500 € erlangt hat (UA S. 11, 18). Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dieses Geld bei dem Angeklagten noch vorhanden ist, hat die Kammer nicht getroffen. Womöglich hat sie sich bei der Anordnung des Verfalls von Wertersatz aber von der nicht näher konkretisierten Vorstellung leiten lassen, dass das Geld bei dem Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Sollte dies der Fall sein, hätte das Landgericht schon deshalb prüfen müssen, ob von der Anordnung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ganz oder teilweise abgesehen werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 144). Andernfalls hätte sich das Landgericht angesichts des Umstands, dass das Konto des Angeklagten am 1. September 2009 einen geringfügigen negativen Saldo aufwies (UA S. 11), und mit Blick auf seine Einlassung, er habe aus Geldnot gehandelt (UA S. 7), zu einer solchen Prüfung gedrängt sehen müssen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 94). Dass die Kammer die Möglichkeit des § 73c StGB bedacht und das ihr eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, kann dem Urteil jedenfalls nicht entnommen werden.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der aufgezeigte Erörterungsmangel zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, ist die Verfallsanordnung aufzuheben. Über den Wertersatzverfall muss unter weiterer Aufklärung, ob zumindest der Wert des Erlangten noch bei dem Angeklagten vorhanden ist, neu entschieden werden.

HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 81

Bearbeiter: Karsten Gaede