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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 695

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 243/10, Beschluss v. 23.06.2010, HRRS 2010 Nr. 695


BGH 2 StR 243/10 - Beschluss vom 23. Juni 2010 (LG Aachen)

Herstellen zahlreicher Zahlungskarten mit Garantiefunktion als eine Tat im Sinne des § 152a StGB (natürliche Handlungseinheit; Gebrauchmachen); Tateinheit mit Computerbetrug.

§ 152a StGB; § 263a StGB; § 52 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Das Herstellen zahlreicher Zahlungskarten mit Garantiefunktion ist nur eine Tat im Sinne des § 152a StGB, wenn es jeweils in einem durchgehenden Arbeitsgang im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgt (BGH NStZ 2005, 566). Werden die Dubletten in der Absicht hergestellt, sie später zu gebrauchen, werden das Nachmachen und das Gebrauchmachen zu einer deliktischen Einheit verbunden. Zu dieser Tat steht der Computerbetrug in Tateinheit. Gleiches gilt, wenn der Täter sich in einem Vorbereitungsakt mehrere gefälschte Karten in der Absicht verschafft, diese alsbald einzusetzen (BGH NStZ 2008, 568, 569; 2005, 329 m.w.N.).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 18. Dezember 2009 dahin geändert, dass

a) der Angeklagte M. schuldig ist der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 15 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug in 15 tateinheitlichen Fällen, der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 28 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug in 28 tateinheitlichen Fällen, davon in einem Fall versucht, und der Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 16 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug in 16 tateinheitlichen Fällen,

b) die Angeklagten C. und Ch. jeweils wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 16 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug in 16 tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verurteilt sind.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten M. wird verworfen.

3. Der Angeklagte M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 59 Fällen, davon in 58 Fällen in Tateinheit mit Computerbetrug und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die nicht revidierenden Mitangeklagten C. und Ch. hat es wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Computerbetrug in 16 Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten M. mit der allgemeinen Sachrüge. Das Rechtsmittel führt - auch bezüglich der nicht revidierenden Mitangeklagten - zu einer Änderung des Schuldspruchs (§ 357 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Herstellen zahlreicher Zahlungskarten mit Garantiefunktion ist nur eine Tat im Sinne des § 152a StGB, wenn es jeweils in einem durchgehenden Arbeitsgang im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgt (BGH NStZ 2005, 566). Werden die Dubletten in der Absicht hergestellt, sie später zu gebrauchen, werden das Nachmachen und das Gebrauchmachen zu einer deliktischen Einheit verbunden. Zu dieser Tat steht der Computerbetrug in Tateinheit. Gleiches gilt, wenn der Täter sich in einem Vorbereitungsakt mehrere gefälschte Karten in der Absicht verschafft, diese alsbald einzusetzen (BGH NStZ 2008, 568, 569; 2005, 329 m.w.N.).

Der Angeklagte M. hat unwiderlegt die Kartendubletten mit den am 9. Mai 2009 ausgespähten Daten am 10. Mai 2009 ausgehändigt erhalten und davon 16 Karten gemeinsam mit den Mitangeklagten erfolgreich zu Bargeldabhebungen in den Niederlanden eingesetzt. Danach liegt in den Fällen 44 bis 59 (Tatkomplex 3) nur eine Tat im Rechtssinne vor.

Hinsichtlich der Fälle 1 bis 43 beurteilt sich das Konkurrenzverhältnis entsprechend wie folgt: Die im April ausgespähten Daten wurden zu Kartendubletten verarbeitet, die ab dem 26. April 2009 an Geldautomaten in den Niederlanden eingesetzt wurden. Kartendubletten mit den am 2. Mai 2009 ausgespähten Daten wurden ab dem Folgetag zu Bargeldabhebungen in den Niederlanden benutzt. Es ist deshalb zugunsten des Angeklagten M. davon auszugehen, dass die im April und die im Mai ausgespähten Daten jeweils in einem Arbeitsgang zu Kartendubletten verarbeitet wurden. Daher treffen einerseits die Fälle 1 bis 6, 12 bis 14, 17, 19, 27, 30, 32 und 37 (insgesamt: 15; Tatkomplex 1) und andererseits die Fälle 7 bis 11, 15, 16, 18, 20 bis 26, 28, 29, 31, 33 bis 36 und 38 bis 43 (insgesamt: 28; Tatkomplex 2) tateinheitlich zusammen.

Der Senat hat den Schuldspruch - auch hinsichtlich im Tatkomplex 3 beteiligten, aber nicht revidierenden Mitangeklagten C. und Ch. - entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die geständigen Angeklagten nicht anders hätten verteidigen können.

2. Der Senat hat davon abgesehen, das Urteil im Strafausspruch aufzuheben. Die Änderung des Schuldspruchs führt hier für den Angeklagten M. dazu, dass hinsichtlich jeden Tatkomplexes nur die jeweils höchste Einzelstrafe bestehen bleibt, und zwar für den Tatkomplex 1 ein Jahr zehn Monate Freiheitsstrafe, für den Tatkomplex 2 ein Jahr neun Monate Freiheitsstrafe und für den Tatkomplex 3 ein Jahr sieben Monate Freiheitsstrafe. Die milde Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren kann dennoch angesichts des unveränderten Schuldgehalts bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses eine noch mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte.

Bei den Mitangeklagten C. und Ch. kann die vom Landgericht gebildete Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen bleiben. Auch bei diesen Angeklagten schließt der Senat angesichts des unveränderten Schuldgehalts der Tat aus, dass der Tatrichter bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses eine noch mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 695

Bearbeiter: Karsten Gaede