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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1029

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 217/08, Beschluss v. 25.06.2008, HRRS 2008 Nr. 1029


BGH 2 StR 217/08 - Beschluss vom 25. Juni 2008 (LG Frankfurt am Main)

Täter-Opfer-Ausgleich (Ausgleich mit dem Tatopfer; beschönigendes Teilgeständnis; Übernahme von Verantwortung).

§ 46a Nr. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein umfassendes Geständnis ist nicht ausnahmslos erforderlich, um die Anwendung des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB zu ermöglichen. Ausnahmen sind vielmehr namentlich nach gelungenem, auf einem kommunikativen Prozess beruhenden Ausgleich mit dem Tatopfer möglich. Voraussetzung bleibt aber auch in diesem Fall, dass der Täter-Opfer-Ausgleich Zeichen der Übernahme von Verantwortung für die Tat sein muss.

2. Eine Übernahme von Verantwortung in diesem Sinne ist im Einzelfall auch dann nicht ausgeschlossen, wenn ein in der Hauptverhandlung abgelegtes Geständnis einzelne Tatumstände beschönigt. Sie fehlt aber, wenn der Täter die Tat als Notwehrhandlung gegen einen rechtswidrigen Angriff des Tatopfers hinstellt und somit schon die Opfer-Rolle des Geschädigten bestreitet.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Entgegen dem Vorbringen der Revision begegnet die Annahme des Landgerichts, ein Fall des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB sei nicht gegeben, im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Zwar ist Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift auch bei Vorliegen eines Gewaltdelikts nicht in jedem Fall ein umfassendes, vorbehaltloses Geständnis des Täters in der Hauptverhandlung. Das Landgericht und ihm folgend der Generalbundesanwalt haben sich insoweit auf das Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - 2 StR 561/07 - bezogen, in dem der Senat ausgeführt hat, das Geständnis des Angeklagten sei im dortigen Fall - Vergewaltigung mit schweren psychischen Folgen für das Tatopfer - "unabdingbare Voraussetzung" eines Täter-Opfer-Ausgleichs gewesen. Dies kann aber nicht dahin verallgemeinert werden, ein umfassendes Geständnis sei ausnahmslos erforderlich, um die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB zu ermöglichen. Ausnahmen sind vielmehr möglich (vgl. Senatsbeschl. vom 20. September 2002 - 2 StR 336/02, NStZ 2003, 19), namentlich nach gelungenem, auf einem kommunikativen Prozess beruhenden Ausgleich mit dem Tatopfer.

Voraussetzung bleibt aber auch in diesem Fall, dass der Täter-Opfer-Ausgleich Zeichen der Übernahme von Verantwortung für die Tat sein muss. Das ist im Einzelfall nicht ausgeschlossen, wenn etwa ein in der Hauptverhandlung abgelegtes Geständnis einzelne Tatumstände beschönigt. Es fehlt aber, wenn, wie hier, der Täter die Tat als Notwehrhandlung gegen einen rechtswidrigen Angriff des Tatopfers hinstellt und somit schon die Opfer-Rolle des Geschädigten bestreitet. Eine Übernahme von Verantwortung kann hierin nicht gesehen werden. Darauf, dass der Geschädigte hier nach dem Ehrenkodex der Beteiligten die Sache als "für sich abgeschlossen" betrachtet hat, kommt es daher nicht mehr ausschlaggebend an.

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1029

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2008, 304; StV 2008, 464

Bearbeiter: Ulf Buermeyer