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HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 328

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 17/07, Beschluss v. 07.02.2007, HRRS 2007 Nr. 328


BGH 2 StR 17/07 - Beschluss vom 7. Februar 2007 (LG Aachen)

Strafaussetzung zur Bewährung (Entscheidung über die Sozialprognose; Leugnen der Tat).

§ 56 StGB; § 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das bloße Leugnen der Tat darf ebenso wie bei der eigentlichen Strafzumessung auch bei der Entscheidung über die Sozialprognose im Rahmen einer etwaigen Strafaussetzung zur Bewährung nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden.

2. Die gemäß § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung über die Sozialprognose kann für einen bestimmten Zeitpunkt grundsätzlich nur einheitlich getroffen werden. Damit scheidet regelmäßig die Entscheidung aus, bei zwei nicht zu einer Gesamtstrafe zusammengezogenen Freiheitsstrafen eine Strafe zur Bewährung auszusetzen und die andere Strafe unbedingt auszusprechen (vgl. auch § 56 Abs. 4 Satz 1 StGB).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 5. September 2006 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Strafaussetzung zur Bewährung versagt wurde. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

Der Schuldspruch sowie die Zumessung der beiden Freiheitsstrafen weisen aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

Die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und der weiteren Freiheitsstrafe von drei Monaten hält jedoch rechtlicher Prüfung nicht stand.

Die Begründung des Landgerichts (UA S. 30) lässt offen, ob die Ausführungen zur Sozialprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB allein hinsichtlich der Freiheitsstrafe von drei Monaten gelten. Hierfür spricht insbesondere die Erwägung, "im Hinblick auf dieses Bewährungsversagen des Angeklagten und die ... darin zum Ausdruck kommende Unbelehrbarkeit" liege keine günstige Sozialprognose vor (UA S. 30). Zum Zeitpunkt der ersten, zur nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren führenden Tat lag aber ein Bewährungsversagen nicht vor. Fehlerhaft ist im Übrigen die Erwägung, besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB lägen hinsichtlich dieser Strafe nicht vor, "zumal" der Angeklagte die angeklagte Sexualstraftat bestritten habe (UA S. 30). Das bloße Leugnen der Tat durfte, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden.

Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung auch hinsichtlich der Freiheitsstrafe von drei Monaten aufgehoben. Die gemäß § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Sozialprognose kann zum Urteilszeitpunkt grundsätzlich nur einheitlich getroffen werden.

Da der Angeklagte auch die dieser Strafe zugrunde liegende Tat bestritten hat, ist überdies nicht auszuschließen, dass sich der oben genannte Rechtsfehler auch hier ausgewirkt hat.

Der neue Tatrichter wird die Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB insgesamt und im Hinblick auf beide Strafen neu zu prüfen haben. Ist eine günstige Prognose nicht gegeben, so kommt es auf das Vorliegen besonderer Umstände nicht an (vgl. BGH StV 2003, 670; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 56 Rdn. 19 m.w.N.).

HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 328

Bearbeiter: Ulf Buermeyer