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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 57/03, Beschluss v. 12.03.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 ARs 57/03 - Beschluss vom 12. März 2003

Zuständigkeitsbestimmung (Befasstsein mit einer Sache).

§ 462 a Abs. 1 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Ein Befasstsein im Sinne von § 462 a Abs. 1 StPO liegt bereits dann vor, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung rechtfertigen können (BGHSt 30, 189, 191), d.h. wenn die eine Entscheidung notwendig machenden Unterlagen bei einem Gericht eingehen, das für die Entscheidung zuständig sein kann.

Entscheidungstenor

Zur Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft, die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung zu widerrufen, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Cottbus zuständig.

Gründe

Der Senat schließt sich den Ausführungen des Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:

"Der Verurteilte befindet sich seit 23. Oktober 2002 in anderer Sache in Strafhaft. Mithin ist die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft von dem Gericht des ersten Rechtszugs auf die Strafvollstreckungskammer übergegangen. Örtlich zuständig ist diejenige Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt der Befassung des Gerichts mit der Sache aufgenommen war (§ 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO). Vorliegend ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Cottbus seit dem 23. Oktober 2002 mit der Sache befasst. Ein Befasstsein im Rechtssinne liegt nämlich bereits dann vor, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung rechtfertigen können (BGHSt 30, 189, 191). Dies ist vorliegend seit dem 5. September 2002 der Fall, weil sich zumindest seit diesem Zeitpunkt das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Hoyerswerda vom 22.08.2002 bei den Akten befindet, aus welchen sich die den Bewährungswiderruf rechtfertigenden neuen Straftaten des Angeklagten ergeben (vgl. Bl. 18 Rs BewH). Darauf, zu welchem Zeitpunkt der Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft eingegangen ist, kommt es in diesem Zeitpunkt nicht mehr an, da Entscheidungen nach § 56 f Abs. 1 StGB von Amts wegen ergehen.

Unerheblich ist auch, dass die Akten erst zu einem späteren Zeitpunkt bei dem Landgericht Cottbus eingegangen sind. Für das Befasstsein der Strafvollstreckungskammer genügt es nämlich, wenn die eine Entscheidung notwendig machenden Unterlagen bei einem Gericht eingehen, das für die Entscheidung zuständig sein kann. Gericht in diesem Sinne ist auch das Gericht des ersten Rechtszugs (BGHSt 26, 214, 216; Beschluss vom 16.04.1997 - 2 ARs 112/97; KK-Fischer StPO 4. Aufl. § 462 a RdNr. 17). Diesem lag das Bewährungsheft jedoch bereits seit September 2002 vor (vgl. Bl. 18 Rs BewH).

Mithin war ab 23. Oktober 2002 die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Cottbus mit der Sache befasst, da sich der Verurteilte seit diesem Tag in der zu ihrem Bezirk gehörenden JVA Spremberg befand. Das Befasstsein des Landgerichts Cottbus wurde durch die nachträglichen Verlegungen des Verurteilten nicht beendet (BGHSt 26, 165, 166)."

Bearbeiter: Karsten Gaede