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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 88/02, Beschluss v. 10.04.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 ARs 88/02 - Beschluss vom 10. April 2002

Strafrestaussetzung zur Bewährung; Zuständigkeit über die nachträglichen Entscheidung bei der Strafaussetzung zur Bewährung; Befasstsein; Bewährungsüberwachung nach dem BtMG.

§ 35 BtMG; § 462 a Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Eine Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges auch für die Bewährungsüberwachung kann aus § 36 Abs. 5 Satz 1 BtMG nicht hergeleitet werden. Vielmehr verbleibt es bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 462a Abs. 1 StPO mit der Folge, dass in Fällen, in denen Freiheitsstrafe vollzogen wurde, grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer Vorrang vor dem Gericht des ersten Rechtszuges hat. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Verurteilte zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung noch in Strafhaft befunden hat (BGHR BtMG § 36 Abs. 2 Zuständigkeit 1).

Entscheidungstenor

Für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, ist das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Bonn zuständig.

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 27. August 1991 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Nach Teilverbüßungen und mehrfachen Zurückstellungen gemäß § 35 BtMG ist die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden.

Die zu den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte gehörenden Strafvollstreckungskammern der Landgerichte Bonn und Kleve streiten sich über die Zuständigkeit für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen (§ 453 StPO).

II.

Der Bundesgerichtshof ist als gemeinschaftliches oberes Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen (§ 14 StPO).

Zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn (§ 462 a Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 StPO).

Der Generalbundesanwalt hat hierzu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Eine Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges auch für die Bewährungsüberwachung kann aus § 36 Abs. 5 Satz 1 BtMG nicht hergeleitet werden, da sich diese Vorschrift gerade nicht auf Entscheidungen nach § 36 Abs. 4 BtMG bezieht. Vielmehr verbleibt es bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 462a Abs. 1 StPO mit der Folge, dass in Fällen, in denen Freiheitsstrafe vollzogen wurde, grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer Vorrang vor dem Gericht des ersten Rechtszuges hat. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Verurteilte zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung noch in Strafhaft befunden hat (BGHR BtMG § 36 Abs. 2 Zuständigkeit 1; BGH, Beschluss vom 09.05.2001 - 2 ARs 101101).

Örtlich zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn, weil der Verurteilte zuletzt bis zu seiner Entlassung am 24.11.1998 in der JVA Siegburg inhaftiert war, wo er eine Freiheitsstrafe für die StA Bonn verbüßte (Bd. V Bl. 270 Rückseite, 271 d. Strafakte). Durch die Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Siegburg ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn nach dem Konzentrationsgrundsatz des § 462a Abs. 4 Satz 3 StPO auch für die weiteren Entscheidungen in der vorliegenden Vollstreckungssache zuständig geworden (BGHSt 30, 223, 224; Fischer in KK-StPO 4. Aufl. § 462a Rdn. 33 m.w.N.). Dieser Zuständigkeitswechsel setzt insbesondere nicht voraus, dass die Strafvollstreckungskammer in Bonn auch tatsächlich mit einer bestimmten Entscheidung befaßt war (BGH NStZ 1984, 380). Ein Befasstsein der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve mit der Sache im maßgeblichen Zeitpunkt, das einem Zuständigkeitswechsel entgegenstehen könnte, lag nicht vor. Die somit eingetretene Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn bleibt auch über den Zeitpunkt der Haftentlassung hinaus bestehen (BGHSt 28, 82, 83)."

Dem schließt sich der Senat an.

Bearbeiter: Karsten Gaede