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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 401/02, Beschluss v. 15.11.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 401/02 - Beschluss vom 15. November 2002 (LG Gera)

Zäsurwirkung; nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe.

§ 55 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) der Berichtigungsbeschluß des Landgerichts Gera vom 25. Juni 2002 aufgehoben,

b) das Urteil des Landgerichts Gera vom 7. Juni 2002 im Gesamtstrafenausspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und drei Monaten verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten des schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, sowie des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 22 Fällen für schuldig befunden und ihn "unter Auflösung der durch Beschluß des Amtsgerichts Stadtroda vom 2. März 2001 - 570 Js 28252/99 - 3 Ds - gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Stadtroda vom 21. Februar 2000 - 570 Js 587/00 - 3 Cs - verhängten Strafe" unter Freisprechung im übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt und Sicherungsverwahrung angeordnet.

Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat nur hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg, im übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Wie das Landgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, hat es nicht die (Geld)Strafe aus dem im Tenor aufgeführten Strafbefehl des Amtsgerichts Stadtroda vom 21. Februar 2000 - der im übrigen auch nicht Gegenstand des dort aufgeführten Gesamtstrafenbeschlusses ist - sondern eine Freiheitsstrafe von drei Monaten aus der Verurteilung des Amtsgerichts Stadtroda vom 2. November 2000 (Az. 552 Js 23051/00 - 3 Ds) einbeziehen wollen. Das Landgericht hat den Tenor des verkündeten Urteils mit Beschluß vom 25. Juni 2002 entsprechend berichtigt.

Es kann dahinstehen, ob ein Übertragungsfehler dazu geführt hat, daß als einbezogene Sache im Urteilstenor fälschlicherweise die Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Stadtroda vom 21. Februar 2000 an Stelle der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Stadtroda vom 2. November 2000 aufgeführt worden ist und ob ein solches Versehen eine Berichtigung der Urteilsformel wegen offenbarer Unrichtigkeit erlaubte. Denn auch die im Berichtigungsbeschluß aufgeführte und von der Strafkammer in den Urteilsgründen näher dargelegte Einbeziehung der Freiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Stadtroda vom 2. November 2000 kann keinen Bestand haben.

Der angefochtenen Verurteilung liegen Taten zugrunde, die der Angeklagte von April 1998 bis Mai 1999 begangen hat. Am 21. Februar 2000 ist gegen den Angeklagten durch den im Urteilstenor aufgeführten Strafbefehl eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen verhängt worden. Weiter wurde er durch Urteil des Amtsgerichts Stadtroda vom 27. April 2000 (Az. 570 Js 28252/99 - 3 Ds -) wegen gemeinschaftlicher Mißhandlung von Schutzbefohlenen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitstrafe von 18 Monaten und durch Urteil des Amtsgerichts Stadtroda vom 2. November 2000 (Az. 552 Js 23051/00-3 Ds -) wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Durch das gleiche Amtsgericht wurde aus der Strafe von 18 Monaten und der Strafe von drei Monaten durch Beschluß vom 2. März 2001 (Az. 570 Js 28252/99 - 3 Ds) eine Gesamtstrafe von einem Jahr und acht Monaten gebildet, die der Angeklagte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung verbüßte.

Zutreffend hat das Landgericht erkannt, daß eine Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 21. Februar 2000 nicht in Betracht kam, weil diese Strafe zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vollständig erledigt war.

Zu Recht hat das Landgericht auch davon abgesehen, die Vorverurteilung durch das Amtsgericht Stadtroda vom 27. April 2000 zur Gesamtstrafenbildung heranzuziehen, weil in diesem Urteil lediglich eine Gesamtstrafe, aber keine Einzelstrafen festgesetzt waren (BGHSt 43, 324). Für beide Fälle hat es einen Härteausgleich gewährt. Daß eine Heranziehung der Strafe aus der Vorverurteilung vom 27. April 2000 nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht möglich war, ließ jedoch die Zäsurwirkung dieser Verurteilung nicht entfallen (BGHSt 44, 179). Eine Einbeziehung der Freiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Urteil vom 2. November 2000 war daher nicht möglich. Dies hat das Landgericht verkannt.

Der Senat setzt unter Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. Juni 2002 und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO unter Abzug der fehlerhaft einbezogenen Freiheitsstrafe von drei Monaten die Gesamtstrafe auf zehn Jahre und drei Monate fest. Damit ist der Angeklagte in keinem Fall beschwert.

Der geringe Teilerfolg rechtfertigt nicht die Anwendung von § 473 Abs. 4 StPO.

Bearbeiter: Ulf Buermeyer