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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 340/02, Beschluss v. 13.12.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 340/02 - Beschluss vom 13. Dezember 2002 (LG Hanau)

Gesamtstrafenbildung (angemessene Erhöhung der Einsatzstrafe unter Berücksichtigung der Person des Täters und seiner Taten; nicht nachvollziehbare Strafzumessung).

§ 54 Abs. 2 StGB; § 46 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 16. Januar 2002 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in sieben Fällen zu Einzelstrafen von jeweils drei Jahren und sechs Monaten und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Taten zum Nachteil seiner 1961 geborenen Tochter P. und seiner 1969 geborenen Tochter N. geschahen zwischen Dezember 1976 und 1984. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des Ausspruchs über die Gesamtstrafe Erfolg.

1. Die Rüge des Verstoßes gegen § 261 StPO ist unbegründet. Der behauptete Verfahrensverstoß wird durch das Protokoll nicht bewiesen. Aus der Niederschrift für den 30. November 2001 ergibt sich, daß das Tagebuch Nummer 5 auszugsweise verlesen worden ist. Somit kann auch die Tagebucheintragung vom 23.10.1988 verlesen worden sein.

2. Die Aufklärungsrügen sind unzulässig, zumindest aber unbegründet. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 29. Oktober 2002 Bezug.

3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch und zu den Einzelstrafaussprüchen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat schließt insbesondere aus, daß die Strafkammer bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB notwendigen Gesamtvergleich unter Zugrundelegung der im Urteil wiedergegebenen Abwägungskriterien (UA S. 31 f.) und der Ablehnung eines minder schweren Falles trotz Vorliegens der Regelbeispiele nach § 177 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB in der Fassung des 33. Strafrechtsänderungsgesetzes oder des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB in der geltenden Fassung besonders schwere Fälle verneint hätte.

4. Dagegen hält der Gesamtstrafenausspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar hat das Landgericht nicht verkannt, daß die Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe Ausgangspunkt der Bemessung der Gesamtstrafe ist. Diese Einsatzstrafe ist nach § 54 Abs. 1 StGB unter Berücksichtigung der Person des Täters und seiner Taten angemessen zu erhöhen. Demgegenüber läßt hier die Begründung der an sich nicht unvertretbar hohen Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren mit der weiteren Erwägung, "wobei zugunsten des Angeklagten auch aufgrund seiner besonderen Strafempfindlichkeit und der Tatsache, dass die Taten bereits sehr lange zurückliegen, die mittlere Strafschärfung weit (Hervorhebung durch den Senat) unterschritten wurde", nicht erkennen, was die Strafkammer mit der "mittleren Strafschärfung" gemeint hat und inwiefern sie die Strafe zu Gunsten des Angeklagten ermäßigt hat. Damit ist die Gesamtstrafenbildung nicht nachzuvollziehen. Der Senat kann deshalb nicht überprüfen, ob das Landgericht die zutreffenden rechtlichen Maßstäbe angewandt hat.

Bearbeiter: Karsten Gaede