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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 3/02, Beschluss v. 06.02.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 3/02 - Beschluss vom 6. Februar 2002 (LG Darmstadt)

Doppelverwertungsverbot (Vergewaltigung: besonders schwerer Gewalteinsatz)

§ 46 Abs. 3 StGB; § 177 StGB

Leitsatz

Eine strafschärfende Berücksichtigung der vom Angeklagten angewandten Gewalt ist bei der sexuellen Nötigung nur rechtlich zulässig, wenn die Gewalt mit einer die Normalfälle der Vergewaltigung übersteigenden Schwere verbunden ist (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Vergewaltigung 3).

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 5. Juni 2001 im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt, hat mit der Sachrüge hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO). Der Tatrichter hat u.a. strafschärfend gewertet, "daß die Tat mit körperlicher Gewalt vollzogen wurde". Diese Strafzumessungserwägung ist mit dem Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB unvereinbar und hält deshalb rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Anwendung von Gewalt ist bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der Gesetzgeber hat die Vergewaltigung gerade deshalb unter Strafe gestellt, weil der Sexualtrieb nicht unter Mißachtung der Selbstbestimmung eines anderen Menschen mit Gewalt befriedigt werden darf (vgl. BGH, Beschl. vom 25. Oktober 2000 - 3 StR 370/00; vgl. auch BGH, Beschl. vom 25. Juli 2001 - 3 StR 240/01). Die vom Angeklagten angewandte Gewalt war hier nicht mit einer solchen - die Normalfälle der Vergewaltigung übersteigenden - Schwere verbunden, daß eine strafschärfende Berücksichtigung rechtlich zulässig wäre (vgl. hierzu BGHR StGB § 46 Abs. 3 Vergewaltigung 3).

Der Senat kann nicht ausschließen, daß sich der Rechtsfehler auf die Höhe der verhängten Strafe ausgewirkt hat.

Der aufgezeigte Rechtsfehler berührt die dem Strafausspruch zugrunde liegenden, rechtsfehlerfrei getroffenen, tatsächlichen Feststellungen nicht, so daß diese bestehen bleiben können. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen bleiben jedoch zulässig.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2002, 136

Bearbeiter: Karsten Gaede