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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 279/00, Beschluss v. 16.08.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 279/00 - Beschluß v. 16. August 2000 (LG Darmstadt)

Unzulässige Berücksichtigung von Tatbestandsmerkmalen bei der Strafzumessung; Doppelverwertungsverbot; Aussagenotstand; Auskunftsverweigerungsrecht

§ 46 Abs. 3 StGB; § 157 StGB; § 55 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 25. Februar 2000 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen, davon in einem Fall mit Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug und in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug sowie wegen falscher uneidlicher Aussage zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im übrigen freigesprochen. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Begründung der Einzelstrafen für die vier Fälle der Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB. Das Landgericht hat insoweit u.a. zu Lasten des Angeklagten gewertet, er sei zusammen mit dem Tatbeteiligten B. in einer festen Organisationsstruktur tätig gewesen, die Taten seien schematisiert abgelaufen, und die Tätergruppe sei sowohl personell als auch vom Arbeitsablauf her auf eine größere Anzahl von Einzeltaten eingestellt gewesen. Diese Umstände sind bei der Beurteilung des Schuldspruchs mit dafür maßgebend, daß der Angeklagte die Qualifikation der bandenmäßigen Tatbegehung verwirklicht hat und hätten deshalb bei der Strafzumessung nicht nochmals straferschwerend berücksichtigt werden dürfen.

2. Die Einzelstrafe für die falsche uneidliche Aussage hält der rechtlichen Prüfung ebenfalls nicht stand. Das Landgericht teilt lediglich den Strafrahmen des § 153 StGB (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) mit. Es fehlt aber jede weitere Begründung für die innerhalb dieses Strafrahmens verhängte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr. Zudem hat das Landgericht nicht erörtert, ob sich der Angeklagte in einem Aussagenotstand (§ 157 StGB) befand. Diese Prüfung war hier erforderlich, denn der Angeklagte hat nach der Überzeugung des Landgerichts damals vor Gericht gelogen, um sich im Hinblick auf sein eigenes Strafverfahren in ein besseres Licht zu rücken (UA S. 21). § 157 StGB eröffnet dem Tatrichter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen die Strafe nach § 49 Abs. 2 StGB zu mildern oder bei einer uneidlichen Aussage ganz von Strafe abzusehen. Der Anwendung des § 157 StGB steht nicht entgegen, daß der Angeklagte trotz Belehrung über sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StGB ausgesagt hat (BGHR StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 1 m.w.N.).

3. Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Landgericht ohne die dargelegten Fehler der Strafzumessung geringere Einzelstrafen und eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hätte. Über die Strafzumessung muß daher neu verhandelt und entschieden werden.

Externe Fundstellen: NStZ 2001, 85

Bearbeiter: Rocco Beck