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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 633/99, Beschluss v. 11.01.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 633/99 - Beschluß v. 11. Januar 2000 (LG Heilbronn)

Aufklärungspflicht; Doppelrelevante Tatsache; Alter des Angeklagten

§ 244 Abs. 2 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Bei der Frage nach dem Alter des Angeklagten handelt es sich um eine doppelrelevante Tatsache. Sie betrifft nicht nur die gerichtliche Zuständigkeit sondern im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die das Gesetz für Erwachsene einerseits und Heranwachsende andererseits vorsieht, auch die Anwendung des materiellen Rechts (BGH StV 1982, 101). Daher ist das Revisionsgericht an entsprechende Feststellungen gebunden, soweit sie rechtsfehlerfrei getroffen sind.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 24. Februar 1999 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Die Schwurgerichtskammer hat den Angeklagten wegen eines am 15. Juli 1998 begangenen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Revision bleibt erfolglos.

1. Mit einer Verfahrensrüge (§ 338 Nr. 4 StPO) beanstandet die Revision die Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer und legt Urkunden vor, aus denen sich ergebe, daß der Angeklagte entgegen den Urteilsfeststellungen nicht am 22. September 1976 sondern am 22. September 1977 geboren sei und erhebt in diesem Zusammenhang eine Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO).

2. Obwohl dem Vorbringen der Revision nicht entgegensteht, daß in der Hauptverhandlung ein entsprechender Einwand nicht erhoben wurde (BGHSt 30, 260 m.w.N.), hat der Senat die vorgelegten Unterlagen nicht zu prüfen:

Bei der Frage nach dem Alter des Angeklagten handelt es sich um eine doppelrelevante Tatsache. Sie betrifft nicht nur die gerichtliche Zuständigkeit sondern im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die das Gesetz für Erwachsene einerseits und Heranwachsende andererseits vorsieht, auch die Anwendung des materiellen Rechts (BGH StV 1982, 101). Daher ist das Revisionsgericht an entsprechende Feststellungen gebunden (Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß 5. Aufl. S. 157; speziell zur vorliegenden Fallgestaltung ebenso Widmaier in Festschrift für Hanack S. 387, 391; vgl. auch BGH b. Dallinger MDR 1956, 272), soweit sie rechtsfehlerfrei getroffen sind.

So verhält es sich hier. Wie der Generalbundesanwalt - von der Revision unwidersprochen - im einzelnen zutreffend dargelegt hat, waren (aus tatsächlichen Gründen) zum Urteilszeitpunkt keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angabe des Angeklagten, am 22. Februar 1976 geboren zu sein, ersichtlich.

3. Auch die Sachrüge hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt.

Externe Fundstellen: NStZ 2000, 388; StV 2001, 174

Bearbeiter: Karsten Gaede