Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 452/99, Beschluss v. 15.09.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 16. Juni 1999 dahin geändert, daß der Angeklagte
a) der Beleidigung in Tateinheit mit öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, mit versuchter Erpressung und mit Körperverletzung schuldig ist,
b) unter Wegfall der verhängten Gesamtstrafe und der Einzelstrafen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Die Revision des Angeklagten bleibt im wesentlichen erfolglos.
Soweit Schuldspruch und Strafausspruch geändert werden müssen, hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
"Allerdings ist der Schuldspruch auf die Sachrüge dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte der tateinheitlichen Begehung der im übrigen zutreffend festgestellten Straftaten schuldig ist. Die Strafkammer hat offensichtlich verkannt, dass die von dem Angeklagten begangene Körperverletzung die weiteren Straftaten zu einer Tat im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB "verklammert". Die nach den Urteilsfeststellungen bereits im Jahr 1995 beginnenden und sich bis in das Jahr 1998 erstreckenden Nachstellungen und Bedrohungen des Angeklagten, die schließlich bei der Zeugin S. eine "massive depressive Verstimmung, die mit Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Selbstmordgedanken verbunden war", bewirkten (UA S. 12 f.), stehen als einheitliche Tathandlung zu den übrigen verwirklichten Straftatbeständen jeweils in Tateinheit. Dies wird bereits daran augenfällig, dass die Strafkammer die die Tatbestände der Beleidigung und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten verwirklichende "Flugblattaktion" (Fall B.1. der Urteilsgründe) wie auch die mit dem Erpressungsversuch einhergehenden Drohungen des Angeklagten (Fall B.2. der Urteilsgründe) als Teilakte der sich über den gesamten Zeitraum erstreckenden Körperverletzungshandlung aufführt (UA S. 13). Die verwirklichten Straftatbestände wiegen etwa gleich schwer, so dass die Klammerwirkung auch nicht durch eine fehlende Vergleichbarkeit des Unrechtsgehalts ausgeschlossen wird.
Der Umstellung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Tatvorwurf nicht anders als geschehen verteidigen können.
Das Revisionsgericht kann den Strafausspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO, wie beantragt, ändern. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtstrafe kann als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben, weil durch die geänderte rechtliche Bewertung der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht verändert worden ist (vgl. BGH, Beschl. vom 27.08.1996 - 1 StR 472/96 unter Hinweis auf BGH NStZ 1996, 383, 384). Es kann daher ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer bei rechtlich zutreffender Würdigung des Konkurrenzverhältnisses der verwirklichten Straftatbestände auf eine andere Strafe erkannt hätte als geschehen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner 44. Aufl. 1999 § 354 Rdnr. 22 m.w.N.)."
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
Externe Fundstellen: NStZ 2000, 25
Bearbeiter: Karsten Gaede