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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 26/99, Urteil v. 25.03.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 26/99 - Urteil v. 25. März 1999 (LG Stuttgart)

Polizeilichen Schußwaffengebrauch bei einer Festnahme; Bedingter Tötungsvorsatz; Bewußte Fahrlässigkeit; Recht auf gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Frist; Vorsatz; Totschlag;

§ 127 StPO; § 54 Abs. 1 BadWürttPolG; § 16 StGB; Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK;

Leitsätze des BGH/Bearbeiters

1. Zum polizeilichen Schußwaffengebrauch bei einer Festnahme. (BGHSt)

2. Zur Abgrenzung des Bedingten Vorsatzes von der bewußten Fahrlässigkeit.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20. August 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung mehrerer kurzer Freiheitsstrafen und Geldstrafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

Am 22. Oktober 1992 hatte der Angeklagte als Fahrer eines Polizeifunkstreifenwagens gehört, daß wegen einer soeben geschehenen Vergewaltigung eine flüchtige Person, die ein Messer bei sich führe, gesucht werde. Diese und deren Fahrzeug waren beschrieben. Der Angeklagte und sein Beifahrer entdeckten das Fahrzeug. Danach hatte der Flüchtende in wilder Verfolgungsjagd mit seinem Fahrzeug das des Angeklagten bewußt gerammt und war, nachdem er gestellt wurde, trotz Waffendrohung wieder entkommen. Schließlich wurde er bei einer Autobahnausfahrt zum Halten gezwungen. Er sprang aus dem Wagen, überwandt trotz Haltrufen und zwei Warnschüssen des anderen Polizeibeamten die seitliche 81 cm hohe Leitplanke und "rannte" auf das davon 1,4 m entfernte, tiefergelegene Gebüsch zu. Etwa 5 m vor der Leitplanke stehend gab der Angeklagte, der den Flüchtenden erstmals hinter der Leitplanke auftauchend sah, auf diesen In kürzester zeitlicher Abfolge mindestens vier Schüsse ab", um ihn "fluchtunfähig" zu machen. Er traf vor Erreichen des Gebüschs in Hüfthöhe dessen Geldbeutel sowie einmal in den Rücken und zweimal in den Kopf. Die drei letztgenannten Schüsse hätten bereits jeder für sich zum Tode geführt.

Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe den Flüchtenden mit bedingtem Vorsatz getötet, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Im Zusammenhang mit der Begründung für die Annahme des Landgerichts, der Schußwaffengebrauch sei unzulässig gewesen, fehlt es an einer umfassenden Würdigung der dafür bedeutsamen Tatumstände und an einer zutreffenden rechtlichen Einordnung (1.). Die Ausführungen zum bedingten Tötungsvorsatz lassen zudem besorgen, das Landgericht sei insoweit von unzutreffenden rechtlichen Kriterien ausgegangen (2.).

1. Soweit das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der zum Tode führende Schußwaffeneinsatz sei durch § 127 StPO i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2 a und b PolG Baden-Württemberg (idF vom 13. Januar 1992, GBI. S. 1) nicht gedeckt gewesen, hat es nicht alle Aspekte des Gesamtgeschehens erfaßt.

a) Die Voraussetzungen des Schußwaffengebrauchs gegenüber Personen lagen grundsätzlich vor, da der Flüchtende eines Verbrechens dringend verdächtig war und sich der Festnahme durch Flucht entziehen wollte (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 b PolG Baden-Württemberg).

aa) Unzutreffend ist die Auffassung des Landgerichts, dem Handeln des Angeklagten habe § 54 Abs. 2 PolG entgegengestanden, weil er dem Flüchtenden in Rücken und Kopf geschossen habe. Diese Vorschrift, weiche die Zulässigkeit des gezielten Todesschusses regelt, ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Deren tatbestandliche Voraussetzungen waren schon deshalb nicht gegeben, weil die Schüsse nicht "das einzige Mittel zur Abwehr gegenwärtiger Lebensgefahr" und als solche auch gar nicht gewollt waren.

bb) § 54 Abs. 1 Nr. 2 b PolG erlaubt damit jedoch noch nicht jede Art des Schußwaffengebrauchs unterhalb der Schwelle der Ausnahmeregelung des § 54 Abs. 2 PolG. Auch bei Vorliegen sämtlicher gesetzlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen darf von der Schußwaffe nur in einer Weise Gebrauch gemacht werden, die den Flüchtenden (nur) fluchtunfähig macht (Belz/Mußmann, PolG für Baden-Württemberg 5. Aufl. § 54 Rdn. 2); dazu hatte sich der Angeklagte entschlossen (UA S. 29). Gezielte Schüsse auf zentrale Bereiche des Menschen zum Zwecke der Festnahme sind dagegen wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar; sie sind unzulässig und damit nicht gerechtfertigt.

b) Das Landgericht ist zwar zu der Ansicht gelangt, der Angeklagte habe erkannt, er werde "mit hoher Wahrscheinlichkeit den Rumpf treffen", was "nahezu mit Sicherheit zum Tode führen werde". Diese Feststellung hat es aber nicht rechtsfehlerfrei getroffen. Denn zur Widerlegung der Einlassung des Angeklagten, er habe auf die Beine gezielt, durfte das Landgericht nicht nur auf die drei tödlichen Schüsse abstellen. Dem Rückstoß der Waffe liegen weitere Schüsse allerdings regelmäßig höher. Da der Angeklagte - so die Aussage des Zeugen H. - die Waffe nach jedem Schuß nach unten korrigierte, was mit der an anderer Stelle getroffenen Feststellung kürzester Schußfolge schwer vereinbar ist, hätten grundsätzlich alle Treffer in etwa der Höhe des ersten Schusses liegen müssen. In diesem Fall hätte für das Landgericht weiter Bedeutung gewinnen können, daß die Flucht hinter der Leitplanke in abschüssigem Gelände erfolgte (die Angaben des Landgerichts zum Neigungsgrad differieren). Bei gleichem Standort des Schützen und unveränderter Zielrichtung könnte das entgegen dessen Willen ebenfalls zu immer höher liegenden Treffern am Körper geführt haben. Auch zu der Möglichkeit, daß der Fliehende nach dem ersten auftreffenden Schuß strauchelte, verhält sich das Urteil nicht.

Sei diesen Sachverhaltsvarianten wären Rumpf- und Kopftreffer dann nicht das Ergebnis dorthin gezielter Schüsse. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe erwartet, mit "hoher Wahrscheinlichkeit in den Rumpf zu treffen", und erkannt, das werde "nahezu mit Sicherheit zum Tode führen", begegnet daher durchgreifenden Bedenken. Dies ist auch deshalb von Belang, weil ein von einer Erlaubnisnorm gestatteter, beispielsweise auf die Beine gezielter Schuß nicht deshalb seine Rechtmäßigkeit verliert, weil er fehlgeht und auf diese Weise eine tödliche Verletzung ungewollt (vgl. BGHSt 26, 99, 104 m. Anm. Triffterer MDR 1976, 355, 360; 35, 379, 386 f. m. Anm. Dölling JR 1990, 170; BayObLG NStZ 1988, 408; Hirsch aaO. Rdn. 154; Roxin, Strafrecht AT Bd. 13. Aufl. § 15 Rdn. 45; Wessels/Beulke, Strafrecht AT 28. Aufl. Rdn. 336) und nicht vermeidbar (vgl. BGHSt 27, 313, 314) hervorruft.

(2) Andererseits wäre für die dem ersten Schuß unmittelbar nachfolgenden Schüsse auch dann, wenn sie ebenfalls in die Richtung des ersten Schusses abgegeben worden sein sollten, die Frage zu erörtern, ob diese angesichts der Tatsituation ihrerseits auch durch § 54 Abs. 1 Nr. 2 b PolG Baden-Württemberg gedeckt waren. In diesem Zusammenhang wären vor allem ihre Erforderlichkeit (vgl. Hirsch aaO. Rdn. 151) und die diesbezügliche Vorstellung des Angeklagten bedeutsam.

Sollte die Zielrichtung bei Abgabe der weiteren Schüsse nicht mehr bewußt gesteuert, sondern vom Angeklagten im bereits angesprochenen Sinn nicht mehr kontrolliert gewesen sein, so könnte schließlich unter dem Gesichtspunkt, daß der Angeklagte zunächst zulässig einen gefährlichen Geschehensablauf in Gang setzte, den er dann nicht mehr beherrschte, eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) zu prüfen sein (vgl. BGHSt 10, 133; 20, 315, 325; Schroeder in LK aaO. § 16 Rdn. 141; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 15 Rdn. 136, 200, 203; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 15 Rdn. 14, 16; Roxin aaO § 24 Rdn. 34; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT 5. Aufl. S. 580 f.). Maßgebend ist insoweit, ob er das besondere Risiko mindern konnte und dies in vorwerfbarer Weise nicht getan hat (BGHSt 27, 313, 314).

2. Im übrigen sind die Voraussetzungen eines bedingten Tötungsvorsatzes nicht fehlerfrei festgestellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewußter Fahrlässigkeit handelt der Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, daß er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein. Bewußte Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft - nicht nur vage - darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (BGHSt 36, 1, 9 f.).

a) Der vom Landgericht gezogene Schluß von der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung auf den bedingten Tötungsvorsatz ist grundsätzlich zulässig. Es liegt bei gefährlichen Gewalthandlungen nahe, daß der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne dabei zu Tode kommen. Wenn der Angeklagte erkannte (so das Landgericht), daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit, nicht die Beine, sondern den Rumpf des Flüchtenden treffen werde, war daraus die Schlußfolgerung zur "Wissensseite" des bedingten Vorsatzes - er habe auch mit möglicher Todesfolge gerechnet - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

b) Handelt der Täter, der diese Möglichkeit erkannt hat, gleichwohl, mag der Tatrichter bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen daraus nach Lage des Einzelfalls insbesondere wenn sonstige Umstände nicht entgegenstehen - häufig auch auf die innere Billigung der Tötung schließen können (BGH, Urt. vom 14. Januar 1997 - 1 StR 649/96). Er muß sich aber bewußt sein, daß die Grenzen beider Schuldformen oft eng beieinander liegen und strenge Anforderungen an die Feststellung des inneren Tatbestandes zu steilen sind (BGH NStZ 1992, 587 f.; 1984, 19). Angesichts der hohen Hemmschwelle gegenüber der Tötung eines Menschen ist immer auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß der Täter "jedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten" (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 30, 31). Der Schluß auf den Tötungsvorsatz, insbesondere auf das "Willenselement" des bedingten Vorsatzes im oben genannten Sinne, ist daher nur dann rechtsfehlerfrei, wenn der Tatrichter in seine Erwägungen alle Umstände einbezogen hat, die ein solches Ergebnis in Frage stellen können (st. Rspr.; BGH aaO) warum er also diese Hemmschwelle überwunden hat. Wiederholt hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, daß der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts allein kein Kriterium für die Entscheidung der Frage ist, ob der Angeklagte mit diesem (tödlichen) Erfolg auch einverstanden war. Es kommt vielmehr immer auf die Umstände des Einzelfalles an, bei denen insbesondere die Motive und die Interessenlage des Angeklagten zu beachten sind (BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 1); das gilt vor allem, wenn der Vorsatz allein aus dem äußeren Tatgeschehen gefolgert werden soll (vgl. Cramer in Schönke/Schröder aaO § 15 Rdn. 87 m.w.Nachw.) und - wie hier - keine (auf der Hand liegenden) Motive für das Einverständnis mit tödlicher Folge des Handelns festgestellt sind. Es ist nicht selbstverständlich, daß ein Täter mit dem Wissen von der Gefährlichkeit seines Verhaltens den Erfolgseintritt auch akzeptiert, daß er sich innerlich damit abfindet (BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 9).

In diesem Sinne ist hier die Willensseite des bedingten Vorsatzes nicht fehlerfrei gewürdigt worden. Zwar geht das Landgericht davon aus, daß der Angeklagte erkannte, "ein solcher Rumpftreffer werde nahezu mit Sicherheit zum Tode führen". Wenn er aber gleichwohl "darauf vertraute, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten, (und) es ihm darum ging, ein Entkommen des Täters zu verhindern" (UA S. 30), hat das Landgericht damit im Tatsächlichen noch nicht die Unterschiede zwischen bedingtem Vorsatz und bewußter Fahrlässigkeit herausgestellt. Vertraut der Täter darauf, die für möglich gehaltene Todesfolge werde nicht eintreten, so kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, ob er das ernsthaft konnte. Das könnte das Landgericht hier verneint haben mit dem wiederholten Hinweis, der Angeklagte habe den Tod des Flüchtenden als nahezu sichere Folge seines Handelns erkannt. Maßgebend also wäre gewesen darzulegen, warum der Angeklagte mit dem Tod des Flüchtenden in oben bezeichnetem Sinn (BGHSt 36, 1, 9) auch einverstanden war.

Die vom Landgericht herangezogene Begründung wird dem nicht gerecht: Daß der Angeklagte den Tod "billigte", ihn "hinnahm", es "dem Zufall überließ", wird auch dem Umstand entnommen, daß er den Flüchtenden "auf jeden Fall, gegebenenfalls auch unter Einsatz seiner Schußwaffe als letztes Mittel" festnehmen wollte - "dessen Entkommen hätte in seinen Augen Versagen bedeutet" (UA S. 66). Damit war aber nur das Motiv für den Gebrauch der Schußwaffe überhaupt belegt. In diesem Zusammenhang hätte das Landgericht, wenn es den Schluß aus der Gefährlichkeit des Tuns auf das Einverständnis mit der tödlichen Folge zieht, bedenken müssen, daß hier ein Schußwaffengebrauch gegenüber dem eines Verbrechens dringend verdächtigen Flüchtenden grundsätzlich zulässig war (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 b PolG Baden-Württemberg), womit - unabhängig von Sicht- und Entfernungsverhältnissen bei einem sich schnell bewegenden Menschen - das Risiko der Verletzung oder gar Tötung notwendig verbunden ist (BGHSt 26, 99, 104). Geht aber der Polizeibeamte das mit zulässigem Schußwaffeneinsatz verbundene Risiko ein, so kann nicht daraus, daß sich die tödliche Gefahr verwirklichte, geschlossen werden, er sei damit auch einverstanden gewesen. Aus dem bloßen Gebrauch der Schußwaffe zur Festnahme durften daher keine Schlüsse auf das Einverständnis mit der Tötung gezogen werden. Der Schußwaffeneinsatz - auch als "letztes Mittel" - zum Zwecke der Festnahme belegt noch nicht das Einverständnis mit der Tötung. Andernfalls könnte jeder auch im Grundsatz erlaubte Schußwaffeneinsatz als wenigstens versuchter Totschlag gewertet werden.

3. Ergänzend bemerkt der Senat:

a) Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags auf Einnahme eines Augenscheins ist nicht ordnungsgemäß als Verfahrensfehler gerügt. Sollte das (neu) erkennende Gericht zusätzlichen Aufklärungsbedarf durch Besichtigung des Tatortes haben, so darf dieser nicht außerhalb der Hauptverhandlung gedeckt werden.

b) Nicht veranlaßt ist es, ein umfassendes Bild der persönlichen Verhältnisse des Tatopfers zu geben. So ist es für Schuld- und Strafausspruch ohne jede Bedeutung, daß der Getötete erheblich vorbestraft war - um so weniger eine (niemals veranlaßte) wörtliche Wiedergabe der diese Vorstrafen betreffenden Urteile. Maßgebend konnte allein sein, was der Angeklagte wußte, und das war nicht mehr, als daß er eine mit einem Messer bewaffnete Person wegen Verdachts der Vergewaltigung festnehmen sollte.

Sinn der Urteilsgründe ist es, die für Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentlichen Umstände festzustellen und dann mitzuteilen, aus welchen Gründen der Tatrichter diese Feststellungen so getroffen hat. Hinsichtlich der Einlassung des Angeklagten soll (nur) mitgeteilt werden, ob er im Sinne der Feststellungen ausgesagt hat und in welchen (wesentlichen) Punkten er wie abweicht. Eine breite Wiedergabe seiner Einlassung - über weite Strecken eine Wiederholung der Feststellungen überläßt es den Prozeßbeteiligten, etwaige Unterschiede herauszufinden.

c) Sollte wiederum eine Verurteilung des Angeklagten wegen des über sechs Jahre zurückliegenden Verhaltens im Raum stehen, wird zu prüfen sein, ob das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK garantierte Recht auf gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Frist verletzt worden ist (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 3, 6; vgl. auch BGHSt 35, 137, 140)

Externe Fundstellen: NJW 1999, 2533; StV 1999, 577

Bearbeiter: Karsten Gaede