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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 203/99, Beschluss v. 15.06.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 203/99 - Beschluß v. 15. Juni 1999 (LG Aschaffenburg)

Verdeckte Ermittlung; Zustimmung der Staatsanwaltschaft; Zustimmung des Richters;

§ 110b StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Zur Erforderlichkeit einer Zustimmungserklärung nach § 110b StPO.

2. Trifft die Zielperson sich einmalig mit zuvor nicht bestimmbaren Tatbeteiligten, so deckt die Zustimmung auch den Einsatz gegen solche Kontaktpersonen ab. Richtet sich der Einsatz des Verdeckten Ermittlers jedoch darüber hinaus nicht mehr (nur) gegen den ursprünglichen Beschuldigten, sondern (auch) gezielt gegen weitere bestimmte Personen i. S. v. § 110b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StPO, so ist die Einholung einer Zustimmungserklärung auch hinsichtlich der weiteren Beschuldigten erforderlich.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 29. Dezember 1998 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Zur Rüge der Verletzung des § 110b StPO bemerkt der Senat:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen erklärte der Angeklagte 1994 einem als Verdeckten Ermittler eingesetzten Polizeibeamten, er könne aus seinem Heimatland Pakistan "Haschischlieferungen im Tonnenbereich" veranlassen. Trotz weiterer diesbezüglicher Gespräche kam es zunächst nicht zu irgendwelchen Rauschgiftgeschäften. Erst aufgrund einer im Oktober 1997 erfolgten nochmaligen Nachfrage des Verdeckten Ermittlers verschafften sich der Angeklagte und die beiden Mitangeklagten Anfang 1998 etwa 38 kg Haschisch aus Marokko. Anläßlich der Übergabe des Rauschgiftes an einen Scheinaufkäufer wurden sie dann verhaftet.

Die Revision rügt, daß die Zustimmungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Richters zum Einsatz des Verdeckten Ermittlers 1994/95 nicht im Rahmen eines gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahrens erfolgt seien und hinsichtlich eines späteren Zeitraumes überhaupt keine Zustimmung vorliege.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verfahrensrüge wegen unzureichender Wiedergabe des zugrundeliegenden Verfahrensablaufs unzulässig ist (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 6). Sie ist jedenfalls unbegründet.

1. Hinsichtlich des Zeitraumes 1994/95 läßt der Senat offen, ob die Zustimmungserklärungen, in denen als Beschuldigter nur eine an dem vorliegenden Rauschgiftgeschäft und dessen Vorgeschichte nicht beteiligte Person angegeben ist, eine ausreichende Grundlage für den gegen den Angeklagten gerichteten Einsatz des Verdeckten Ermittlers darstellen. Trifft die Zielperson sich einmalig mit zuvor nicht bestimmbaren Tatbeteiligten, so deckt die Zustimmung auch den Einsatz gegen solche Kontaktpersonen ab (vgl. Nack in KK 4. Aufl. § 11 Ob Rdn. 9). Richtet sich der Einsatz des Verdeckten Ermittlers jedoch darüber hinaus nicht mehr (nur) gegen den ursprünglichen Beschuldigten, sondern (auch) gezielt gegen weitere bestimmte Personen i. S. v. § 11 Ob Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StPO, so ist die Einholung einer Zustimmungserklärung auch hinsichtlich der weiteren Beschuldigten erforderlich.

Das Urteil beruht aber auf einem solchen etwaigen Rechtsfehler nicht, da Erkenntnisse aus jenem weit vor der abgeurteilten Tat liegenden Zeitraum im angefochtenen Urteil nicht zu Lasten des Angeklagten verwertet worden sind.

2. Hinsichtlich des eigentlichen Tatzeitraums - insbesondere für die Zeit ab 17. Februar 1998 - liegen (wie auch schon für frühere Zeiten) auch bezüglich des Angeklagten die erforderlichen Zustimmungen vor (vgl. auch BGH StV 1999, 185, 187 zur Frage eines etwaigen Verwertungsverbots).

3. Im übrigen hat das Landgericht die den Revisionsführer belastenden Angaben des Mitangeklagten M. auf denen die Feststellungen "in erster Linie" beruhen, rechtsfehlerfrei gewürdigt.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 1999, 340; StV 1999, 523

Bearbeiter: Karsten Gaede