Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 19/99, Urteil v. 23.03.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 6. August 1998 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 36 Fällen, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen Begünstigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn im übrigen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer auf die Sachbeschwerde gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten gegen den Strafausspruch und gegen den freisprechenden Teil des Urteils. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler auf.
Zutreffend hat das Landgericht der Strafzumessung die zur Tatzeit geltende Fassung der §§ 263, 267 StGB a.F. zugrundegelegt. Einer ausdrücklichen Erörterung, ob in einigen der 36 Fälle jeweils ein besonders schwerer Fall im Sinne der §§ 263 Abs. 3, 267 Abs. 3 StGB a.F. in Betracht kam, bedurfte es schon angesichts der angerichteten Schäden zwischen 39,70 DM und 1.388 DM nicht. Daß der Angeklagte "zusammen mit seinen Mittätern maßlos und in habgieriger Gesinnung handelte", und auch "die besondere Intensität seiner Vorgehensweise" hat das Landgericht zutreffend bei der Strafzumessung aufgrund des Normalstrafrahmens straferschwerend berücksichtigt; das genügte. Ob diese Gesichtspunkte, wären §§ 263, 267 StGB n.F. anzuwenden gewesen, Anlaß zur Prüfung der Regelbeispiele nach § 263 Abs. 3 Nr. 1, § 267 Abs, 3 Nr., 1 StGB n.F. "gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande" - hätten geben können, bedarf keiner Entscheidung.
Die Nachprüfung des Strafausspruchs gemäß § 301 StPO hat auch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit ist nur zu bemerken: Zwar führt die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren hier zur zwingend en Ausweisung des Angeklagten nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG. Auch trifft der Hinweis der Verteidigung zu, "schon ein Tag" weniger würde nur zur Regelausweisung des § 47 Abs. 2 AuslG führen und der Ausländerbehörde ein Ermessen einräumen. Gleichwohl bedurfte dieser Umstand keiner ausdrücklichen Erwähnung durch den Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung. Ausländerrechtliche Folgen einer Tat sind in der Regel keine bestimmenden Strafzumessungsgründe. Nur besondere Umstände können im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen (BGH, Urt. vom 16. Juni 1998 - 1 StR 162198 m.w.Nachw., vgl. bei Detter NStZ 1999, 122). Derartige Umstände liegen hier wie sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt - ersichtlich nicht vor, werden auch von der Verteidigung nicht behauptet: Der Angeklagte ist nigerianischer Staatsangehöriger. Sein Asylantrag ist abgelehnt worden. Seine Ehefrau - eine britische Staatsangehörige - hält sich in England auf, sein Kind lebt in Nigeria. Für Deutschland hat er nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, persönliche oder geschäftliche Beziehungen, deren Beendigung infolge einer Ausweisung eine außergewöhnliche Härte darstellen könnte, unterhält er hier nicht.
2. Der freisprechende Teil des Urteils hält noch rechtlicher Nachprüfung stand.
Zwar müssen sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle eines Freispruchs aus tatsächlichen Gründen aus den Urteilsgründen der Schuldvorwurf, die Einlassung des Angeklagten, die vom Gericht für erwiesen gehaltenen Tatsachen sowie die Beweiswürdigung des Tatrichters so vollständig ersehen lassen, daß das Revisionsgericht in der Lage ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (vgl. BGHR § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 5 m.w.Nachw.). Revision und Generalbundesanwalt ist einzuräumen, daß das angefochtene Urteil unter B III Nr. 1 der Urteilsgründe - für sich betrachtet - diesen Anforderungen nicht genügen könnte. Doch kann es hier bei einer derartigen isolierten Betrachtung nicht sein Bewenden haben. Vielmehr ist der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu berücksichtigen. Dieser versetzt hier das Revisionsgericht noch in die Lage nachzuprüfen und zu entscheiden, ob der Freispruch insoweit auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht. Es ergibt sich: Aus der Anklageschrift vom 4. Mai 1998 führten 36 Fälle aufgrund der vorliegenden Unterlagen und vor allem des Geständnisses des Angeklagten zur Verurteilung, bei 26 weiteren angeklagten Fällen lagen diese Voraussetzungen, insbesondere ein Geständnis des Angeklagten nicht vor, wie sich aus den Darlegungen unter B III Nr. 1 der Urteilsgründe noch mit hinreichender Deutlichkeit ergibt.
Die Revision ist ferner unbegründet, soweit sie sich auch gegen den freisprechenden Teil des Urteils im übrigen (B. III Nr. 2 und C. der Urteilsgründe) wendet. Per Senat teilt die Auffassung des Generalbundesanwalts, daß insoweit die Urteilsgründe noch den Anforderungen genügen, die an die Begründung eines Freispruchs aus tatsächlichen Gründen zu stellen sind. Hierzu ist nur zu bemerken: Im Rahmen einer allein erhobenen Sachbeschwerde kann sich auch die Staatsanwaltschaft nur auf solche Umstände stützen, die im Urteil eine Grundlage finden; das hat die Beschwerdeführerin insbesondere mit ihren Angriffen gegen den Freispruch unter C. der Urteilsgründe verkannt.
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2000, 79
Bearbeiter: Karsten Gaede