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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 186/99, Urteil v. 21.09.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 186/99 - Urteil v. 21. September 1999 (LG Traunstein)

Totschlag; Strafzumessung; Strafrahmenangabe; Besonders schwerer Fall des Totschlages;

§ 212 Abs. 1 StGB; § 46 Abs. 1 StGB; § 212 Abs. 2 StGB;

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB muß auch bei der Nähe zu zwei Mordmerkmalen nicht mitgeteilt werden, wenn ein minder schwerer Fall ausdrücklich abgelehnt wird und vertypte Strafmilderungsgründe fehlen.

2. Zum Begriff des besonders schweren Falles beim Totschlag.

3. Die Nähe zu einem gesetzlichen Mordmerkmal reicht als die Schuld besonders erhöhender Umstand zur Annahme eines besonders schweren Falles des Totschlages nicht aus.

Entscheidungstenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 21. September 1998 wird verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zur Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig auf das Strafmaß beschränkt. Sie beanstandet, daß das Landgericht den zugrundegelegten Strafrahmen nicht mitgeteilt und trotz direkten Tötungsvorsatzes sowie der Nähe zu zwei Mordmerkmalen nicht erörtert habe, ob ein besonders schwerer Fall des Totschlags vorliege. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel ist offensichtlich unbegründet.

Der Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB mußte nicht mitgeteilt werden. Denn er lag nach ausdrücklicher Ablehnung eines minder schweren Falles sowie angesichts fehlender vertypter Strafmilderungsgründe auf der Hand.

Die Annahme eines besonders schweren Falles des Totschlags nach § 212 Abs. 2 StGB setzt voraus, daß die Schuld des Totschlägers ebenso schwer wiegt wie die eines Mörders und das im Zurückbleiben hinter den Mordmerkmalen liegende Minus durch ein Plus an Verwerflichkeit ausgeglichen wird (vgl. Tröndle/Fischer, 49. Aufl. § 212 Rdn. 3 m.w.Nachw.; st. Rspr.). Es müssen also schulderhöhende Umstände hinzutreten, die besonderes Gewicht haben. Zwar kann das Vorliegen direkten Tötungsvorsatzes im Einzelfall strafzumessungserhebliche Bedeutung gewinnen (BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 5). Die hierfür erforderlichen Umstände waren hier aber ersichtlich nicht gegeben. Auch die Nähe zu einem gesetzlichen Mordmerkmal reicht als die Schuld besonders erhöhender Umstand nicht aus (vgl. BGH NStZ 1993, 342). Das Landgericht hat sich gerade nicht von Heimtücke oder einem niedrigen Beweggrund überzeugen können. Es hat ohne Rechtsfehler das Strafmaß dem Gewicht der Tat entsprechend festgelegt und neben einer Reihe von Strafmilderungsgründen keinen bestimmenden Strafschärfungsgrund gesehen. Damit lag die Annahme eines besonders schweren Falles fern und mußte deshalb nicht ausdrücklich in den Urteilsgründen erörtert werden.

Bearbeiter: Karsten Gaede