Bearbeiter: Rocco Beck
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 745/95, Beschluss v. 16.08.1996, HRRS-Datenbank, Rn. X
I. Das Verfahren wird
1. auf Antrag des Generalbundesanwalts im Fall B.IV.2.b der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
2. mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 2 StPO in den Fällen B.I. und B.II.1., B.II.3. bis B.II.6. der Urteilsgründe auf die Teile der Taten beschränkt, welche Frostpräparate von Tieren einer vom Aussterben bedrohten Art betreffen, also
a) wegen des Verkaufs am 12. August 1987 (Fall B.II.1.) auf a) 1 bis 3,
b) wegen des Verkaufs am 22. Februar 1989 (Fall B.II.3.) auf a) 1 bis 3,
c) wegen des Verkaufs am 1. Juni 1989 (Fall B.II.4.) auf a) 1 bis 13,
d) wegen des Verkaufs am 10. Januar 1990 (Fall B.II.5.) auf a) 1 bis 10 und
e) wegen des Verkaufs am 30. Oktober 1991 (Fall B.II.6.) auf a) 1 bis 6.
II. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Mai 1995 wird
1. das Verfahren im Fall B.III.2 der Urteilsgründe gemäß § 206 a Abs. 1 StPO wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstanden notwendigen Auslagen;
2. das vorgenannte Urteil
a) im Schuldspruch und hinsichtlich der Liste der Vorschriften wie folgt neu gefaßt:
Der Angeklagte ist des gewerbsmäßigen Vorrätighaltens von Tieren einer vom Aussterben bedrohten Art, des gewerbsmäßigen Verkaufs solcher Tiere in acht Fällen und des gewerbsmäßigen Anbietens derartiger Tiere in zwei Fällen schuldig.
Angewendete Vorschriften: § 30 a Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 3 in weiterer Verbindung mit
- § 20 f Abs. 2 Nr. 2, § 20 e Abs. 1 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 1, Art. 2 lit. a sowie Anhang A/Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 des Rates vom 3. Dezember 1982 zur Anwendung des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen in der Gemeinschaft beziehungsweise
- § 20 e Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 3 BNatSchG i.V.m. § 1 Satz 2 und Anlage 1 Spalte 1 (Fettdruck) BArtSchV bzw. § 4 Satz 2 und Anlage 2 Spalte 3 (Kreuz) BArtSchV; § 30 b Nr. 1 BNatSchG i.V.m. § 74 StGB; §§ 52, 53 StGB
b) im gesamten Strafausspruch und in der Entscheidung über die Einziehung mit den Feststellungen aufgehoben. Jedoch bleibt die Entscheidung über die Einziehung der beschlagnahmten Frostpräparate von Tieren der vom Aussterben bedrohten Arten aufrechterhalten (Urteilstenor II. 1. bis 5., 26.).
III. Die weitergehende Revision wird verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen jeweils gewerbsmäßig begangenen
- Vorrätighaltens von Tieren einer besonders geschützten und einer vom Aussterben bedrohten Art zum Verkauf,
- Verkaufs von Tieren einer besonders geschützten und einer vom Aussterben bedrohten Art in neun Fällen - Anbietens von Tieren einer vom Aussterben bedrohten Art in drei Fällen und
- Anbietens von Tieren einer besonders geschützten Art
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung von beschlagnahmten Tierfrostpräparaten ausgesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerde.
Der Senat hat das Verfahren in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang gemäß §§ 154, 154 a StPO beschränkt. In Fall B.III.2. der Urteilsgründe ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Soweit die Revision den verbleibenden Schuldspruch angreift, ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, zum Rechtsfolgenausspruch hat sie teilweise Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Auf Verfahrensrügen, die sich nur gegen den Strafausspruch richten, kommt es danach nicht mehr an.
I. Ein Verfahrenshindernis steht - entsprechend den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts - nur im Fall B.III.2. der Urteilsgründe der Strafverfolgung entgegen; im übrigen greift das Revisionsvorbringen insoweit nicht durch.
1. Die Strafverfolgung ist im Falle B.III.2. verjährt. Zweifel am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des Eintritts der Strafverfolgungsverjährung können nicht überwunden werden. Das Landgericht konnte im Strengbeweisverfahren nicht mehr feststellen, zu welchem Zeitpunkt im Jahre 1987 der Angeklagte dem Zeugen W. telefonisch "Greif- und Eulenvögel" zum Kauf angeboten hatte. Daran ist der Senat gebunden (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. Vor § 78 StGB Rdn. 14 m.w.Nachw.). Im übrigen wären aber auch nach dem Akteninhalt genauere Feststellungen zum Zeitpunkt der Beendigung der Tat nicht mehr möglich. Deshalb kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß die fünfjährige Frist für die Strafverfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) bereits abgelaufen war, als am 25. Februar 1992 ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß bezüglich der Wohnung des Angeklagten erlassen wurde, der die Frist erstmals unterbrochen hätte (§ 78 c Abs. 1 Nr. 4 StGB). Das Verfahren war daher nach § 206 a Abs. 1 StPO einzustellen (zu dessen Anwendung im Revisionsverfahren Treier in KK 3. Aufl. § 206 a Rdn. 4 m.w.Nachw.).
2. Bezüglich der nach dem 11. August 1987 begangenen Taten hat der genannte Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß, der sich zweifelsfrei auch hierauf erstreckte (vgl. BGH NStZ 1996, 274 f.; Jähnke aaO § 78 c Rdn. 8), den Lauf der Verjährungsfrist unterbrochen.
3. Andere Verfahrenshindernisse liegen nicht vor. Weder aus der Verfahrensdauer noch aus der Pressepublizität ergeben sich - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1984, 967 f.; 1992, 2472 f.; 1993, 3254; 1995, 1277 f.) - von Amts wegen zu prüfende Verfahrenshindernisse. Die Verfahrensdauer ist durch den erheblichen Umfang der notwendigen Ermittlungen nachvollziehbar und hat vor diesem Hintergrund mit Blick auf die Bedeutung des konkreten Vorwurfs gegen den Angeklagten keine qualifizierte Überlänge erreicht, die die Einstellung des Verfahrens rechtfertigen könnte. Die Presseberichte über das Verfahren begründen schon aus Rechtsgründen kein Verfahrenshindernis (vgl. BGH NJW 1995, 340, 341; BT-Drucks. 10/4608 S. 26 f.).
II. Die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers gegen den verbleibenden Schuldspruch sind aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
III. Entsprechendes gilt für die Sachbeschwerde des Angeklagten.
1. Die Feststellungen tragen den neu gefaßten Schuldspruch.
a) Die rechtliche Nachprüfung hat ergeben, daß sämtliche Tiere, auf die sich das Verfahren noch bezieht, zur Zeit der Tat und auch danach ununterbrochen bis zur Entscheidung des Senats ausdrücklich als Tiere einer vom Aussterben bedrohten Art im Sinne der unter II.2.a) der Entscheidungsformel neu gefaßten Liste der Vorschriften bezeichnet sind.
aa) Für einen Teil der Tiere ergibt sich dies aus Anhang A/Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 3626/92 des Rates zur Anwendung des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen in der Gemeinschaft vom 3. Dezember 1982 (ABl. <EG> Nr. L 384/1), auf die in den genannten Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1, Art. 2 lit. a der Verordnung verwiesen wird. Dies gilt für Seeadler (haliaeetus albicilla), Gerfalken (falco rusticulus), Wanderfalken (falco peregrinus) und Fischotter (lutra lutra). Diese Tiere waren nicht nur in der ursprünglichen Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 ausdrücklich in Anhang A/Anhang I genannt. Auch alle Änderungen dieser Verordnung - nur soweit sie hier von Bedeutung sein könnten - haben diese Rechtslage aufrechterhalten, nämlich die Verordnung (EWG) Nr. 3645/83 des Rates vom 28. November 1983 (ABl. <EG> Nr. L 367), die Verordnung (EWG) Nr. 2384/85 der Kommission vom 30. Juli 1985 (ABl. <EG> Nr. L 231), die Verordnung (EWG) Nr. 2295/86 des Rates vom 21. Juli 1986 (ABl. <EG> Nr. L 201), sowie die Verordnungen (EWG) - jeweils der Kommission - Nr. 1540/87 vom 22. Mai 1987 (ABl. <EG> Nr. L 147), Nr. 3143/87 vom 19. Oktober 1987 (ABl. <EG> Nr. L 299), Nr. 3188/88 vom 17. Oktober 1988 (ABl. <EG> Nr. L 285), Nr. 197/90 vom 17. Januar 1990 (ABl. <EG> Nr. L 29), Nr. 1970/92 vom 30. Juni 1992 (ABl. <EG> Nr. L 201) und zuletzt Verordnung (EG) Nr. 558/95 der Kommission vom 10. März 1995 (ABl. <EG> Nr. L 57).
Aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 lit. a der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 folgt, daß lebende oder tote Tiere der in Anhang I aufgeführten Arten sowie ihre Teile den Besitz-, Vermarktungs- und Verkehrsverboten unterliegen. Gerade die Einbeziehung auch toter Tiere sowie ihrer Teile ist als flankierende Maßnahme zum Artenschutz verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil es dem Anreiz zum Fangen und Töten solcher Tiere entgegenwirkt (vgl. BVerfGE 61, 291, 312).
Der Senat teilt darüber hinaus nicht die in der Literatur mit Blick auf das Demokratieprinzip und das Bestimmtheitsgebot gegen die Verfassungsmäßigkeit der Strafnorm der §§ 30 a, 30 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erhobenen Bedenken hinsichtlich ihrer Verweisung auf die Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 als blankettausfüllende Norm (Weber, Naturschutz mit den Mitteln des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, Diss. 1991, S. 86 ff. m.w.Nachw.). Der deutsche Gesetzgeber hat in den genannten Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Strafe im Blankettstrafgesetz hinreichend deutlich umschrieben. Anerkannt ist für das zusätzlich an verwaltungsrechtliche Vorschriften anderer Gesetzgeber oder (u. a.) an Verwaltungsakte anknüpfende Umweltstrafrecht (§§ 324 ff., 330 d Nr. 4 StGB), daß durch diese Verweisungen der Strafnormen weder eine "Selbstentmachtung" des (Bundes-)Gesetzgebers stattfindet noch die Bestimmtheit des Straftatbestandes in Frage gestellt ist (BVerfGE 75, 329, 340 ff., 346 f.; Kloepfer/Vierhaus, Umweltstrafrecht, 1995, Rdn. 29 f.; Steindorf in LK 11. Aufl. Vor § 324 StGB Rdn. 24 ff. und § 324 Rdn. 25; differenzierend Perschke wistra 1996, 161, 163, jew. m.w.Nachw.; vgl. hierzu Triffterer, Umweltstrafrecht in Ulsamer, Lexikon des Rechts/Strafrecht, Strafverfahrensrecht 2. Aufl. S. 1034 ff.). Entsprechendes gilt auch hier.
Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Beschreibung der Tathandlungen in § 30 a in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG einerseits und der Bezeichnung der vom Aussterben bedrohten Tierarten als Tatobjekt (§ 30 a Abs. 2 BNatSchG) andererseits die Voraussetzungen der Strafbarkeit selbst hinreichend deutlich umschrieben (vgl. BVerfG aaO S. 343). Auch ohne Verweisung auf die Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 wäre der so umschriebene Straftatbestand bereits aus sich heraus verständlich. Das Tatbestandsmerkmal der Zugehörigkeit der Tiere zu einer "vom Aussterben bedrohten Art" knüpft an beweisbare Tatsachen an. Sie sind dem interessierten Normadressaten grundsätzlich zugänglich. Dies gilt insbesondere für sachkundige Personen (vgl. BVerfG aaO), die im Sinne des § 30 a BNatSchG gewerbs- oder gewohnheitsmäßig handeln, wie im vorliegenden Fall der Angeklagte, der Zoologie studiert hat und jahrelang als Hobby-Ornithologe tätig gewesen war.
Das Demokratieprinzip hindert den Gesetzgeber nicht, zur weiteren Spezifizierung des Straftatbestandes auf die Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 zu verweisen, die unter Übernahme des Washingtoner Artenschutzabkommens vom 3. März 1973 (BGBl. 1975 II S. 777) in das europäische Recht eine ins Einzelne gehende Bezeichnung der vom Aussterben bedrohten Tierarten vornimmt. Er entspricht damit zugleich seiner völkervertraglichen Verpflichtung, die dort genannten Tiere besonders zu schützen.
Auch das Bestimmtheitsgebot der Art. 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 Satz 1 GG ist durch den aus den §§ 30, 30 a BNatSchG in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 zusammengesetzten Straftatbestand nicht verletzt (vgl. für den "verwaltungsrechtsakzessorischen" § 327 StGB BVerfG aaO S. 340 ff.). Die Verweisung auf die Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 dient ausschließlich der weiteren Präzisierung des bereits bestimmten Straftatbestandes. Allein eine lange Verweisungskette, die eine Mehrzahl von Einzelvorschriften zusammengefaßt (krit. Weber aaO S. 91; abl. Hammer MDR 1990, 369, 370), führt noch nicht zur Unbestimmtheit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG. Diese Regelungstechnik ist im Nebenstrafrecht üblich und dient der lückenlosen Erfassung komplexer Materien. Unüberwindliche Probleme für die Rechtsanwendungspraxis (vgl. BVerfG NJW 1993, 321 f.; BayObLGSt 1987, 59 ff. und 1993, 84 ff.; HansOLG Hamburg OLGSt Nr. 1 zu § 30 a BNatSchG) haben sich daraus bisher nicht ergeben.
bb) Für die übrigen Tiere beziehungsweise Tierpräparate, auf die sich der verbleibende Schuldspruch bezieht, folgt ihre Zugehörigkeit zu einer vom Aussterben bedrohten Art aus § 20 e Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 BNatSchG in Verbindung mit § 1 Satz 2 und Anlage 1 Spalte 1 (Fettdruck) oder § 4 Satz 2 und Anlage 2 Spalte 3 (Kreuz <+>) der Verordnung zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten (BArtSchV) vom 18. September 1989 (BGBl. I S. 1677, berichtigt BGBl. I S. 2011), geändert durch Verordnung vom 9. Juli 1994 (BGBl. I S. 1523) und Gesetz vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082). Nach § 1 Satz 2 und Anlage 1 Spalte 1 (Fettdruck) BArtSchV sind folgende Tiere, die Gegenstand des Schuldspruchs im verbleibenden Umfang sind, vom Aussterben bedroht: Biber (castor fiber), Blaukehlchen (luscinia svecica), Eissturmvogel (fulmarus glacialis), Flußseeschwalbe (sterna hirundo), Grauspecht (picus canus), Großbrachvogel (numenius arquata), große Rohrdommel (botaurus stellaris), Küstenseeschwalbe (sterna paradisaea), Nachtreiher (nycticorax nycticorax), Neuntöter (lanius collurio), Purpurreiher (ardea purpurea), Rothuhn (alectoris rufa), Rotschenkel (tringa totanus), Sturmschwalbe (hydrobates pelagicus), Tüpfelsumpfhuhn (porzana porzana), Ziegenmelker (caprimulgus europaeus) und Zwergscharbe (phalacrocorax pygmaeus). Gemäß § 4 Satz 2 und Anlage 2 Spalte 2 BArtSchV gilt Gleiches für folgende Tierarten: Kornweihe (circus cyaneus), Kranich (grus grus), Sakerfalke (falco cherrug), Schneeule (nyctea scandiaca), Steinadler (aquila chrysaetos), Uhu (bubo bubo) und Wiesenweihe (circus pygargus). Die genannten Tierarten waren und sind vom Tatzeitpunkt bis zur Entscheidung des Senats in den genannten Vorschriften ununterbrochen unter strafrechtlichen Schutz gestellt.
Aus § 20 a Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 2 Satz 1 BNatSchG folgt, daß auch tote Tiere oder Teile davon in gleicher Weise geschützt sind. Dies ist, wie ausgeführt, verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Senat teilt auch nicht die weiteren Bedenken, die die Revision gegen die genannte Regelung erhebt (s. a. Meyer-Ravenstein RdL 1987, 283 ff.). Der deutsche Gesetzgeber darf mit seinem strafrechtlichen Artenschutz weitergehende Maßnahmen ergreifen, als sie in der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 vorgesehen sind; dies folgt aus Art. 15 der Verordnung. Daher war er nicht gehindert, in der BArtSchV über Anhang A/Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 3626/92 hinaus weitere Arten als vom Aussterben bedroht zu bezeichnen. Die BArtSchV beruht im übrigen auch auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung (soweit hier von Interesse, auf § 20 e Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 BNatSchG) und hält sich in dem von Art. 80 GG gezogenen Rahmen (vgl. BVerwG NuR 1994, 486 f. = NVwZ-RR 1994, 573 f.; abl. Hammer aaO S. 370 f.).
b) In dem noch zu beurteilenden Umfang des Verfahrens leidet das angefochtene Urteil zum Schuldspruch auch nicht deshalb unter Erörterungsmängeln, weil es die Herkunft der einzelnen Tiere nicht genau festgestellt hat. Der Senat kann bereits anhand der getroffenen Feststellungen mit drei Ausnahmen <B.I.1.(2), (3) und (5) der Urteilsgründe> für alle Einzelfälle sicher ausschließen, daß § 20 g Abs. 1 BNatSchG eingreift.
aa) Für einen Erwerb aus legaler Zucht innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes gemäß § 20 g Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG fehlen - auch nach dem Geständnis des Angeklagten - bei allen Tieren, die noch Gegenstand des Verfahrens sind, jegliche Anhaltspunkte.
Ausgenommen sind jedoch die bezeichneten drei Einzelfälle. Insofern hat sich der Angeklagte eingelassen, er habe die Tierpräparate von dem deutschen Tierzüchter R. erworben; dies legt einen Ausnahmefall nach § 20 g Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nahe, mit dem sich das Landgericht nicht befaßt hat. Es hat auch die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegt. Insoweit kommen ergänzende Feststellungen in Betracht, was jedoch die bisherigen, aufrechterhaltenen Feststellungen nicht berührt. Es ist nicht auszuschließen, daß diese Tiere aus der Zucht im Inland stammen und gemäß § 20 g Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht den strafbewehrten Besitz-, Vermarktungs- und sonstigen Verkehrsverboten unterlagen. Das Landgericht hat den Züchter dazu nicht als Zeugen vernommen. Dieser Mangel läßt den Schuldspruch unberührt, weil der Angeklagte im Fall B.I. der Urteilsgründe tateinheitlich auch andere Präparate von Tieren einer vom Aussterben bedrohten Art gewerbsmäßig zum Verkauf vorrätig gehalten hat, für die das Eingreifen der Ausnahmeregelung des § 20 g Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auszuschließen ist.
bb) Ein legaler Eigentumserwerb in Ausübung des Jagdrechts (vgl. BR-Drucks. 251/85 S. 15, 22), eine Entnahme aus der Natur im Einklang mit den früheren Artenschutzvorschriften vor dem 1. Januar 1987 und ein legaler Import (§ 20 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 BNatSchG) scheiden bei Tieren der vom Aussterben bedrohten Arten - anders als bei Tieren der besonders geschützten Arten, die der Senat durch Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeklammert hat - gemäß § 20 g Abs. 2 BNatSchG bereits rechtlich als Ausnahmefälle aus.
c) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe gewerbsmäßig gehandelt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gewerbsmäßigkeit ist bereits dann gegeben, wenn sich der Täter aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte (vgl. Dreher/Tröndle, StGB 47. Aufl. Vor § 52 Rdn. 43; Eser in Schönke/Schröder, StGB 24. Aufl. § 243 Rdn. 31; Lackner/Kühl, StGB 21. Aufl. Vor § 52 Rdn. 20; Lorz in Erbs/Kohlhaas, BNatSchG § 30 a Anm. 2 b; Ruß in LK 11. Aufl. § 243 Rdn. 21). Es kommt nicht darauf an, ob der Angeklagte den wesentlichen Teil seiner Einkünfte aus dem Verkauf der Tiere bezogen hat oder beziehen wollte, ein Nebeneinkommen genügt (Louis/Hoffmann, BNatSchG, 1994, § 30 a Rdn. 5); eine Sammelleidenschaft als Tatmotiv steht der Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen (vgl. BGH bei Holtz MDR 1976, 633; Dreher/Tröndle aaO). Erforderlich ist nur, daß der Angeklagte fortlaufend nicht unerheblichen Gewinn erzielen wollte. Dies ist vom Landgericht mit Blick auf die sich über einen langen Tatzeitraum erstreckende Vielzahl von Einzelhandlungen ohne Rechtsfehler bejaht worden.
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zu den Feststellungen, die den Schuldspruch im verbleibenden Umfang tragen, ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat sich insbesondere auf das Teilgeständnis des Angeklagten gestützt. Ohne Rechtsfehler hat es angenommen, daß sich die Einlassung, zahlreiche "Tierstopfpräparate" seien Teil einer ererbten umfangreichen "Privatsammlung" gewesen, nicht auf die verfahrensgegenständlichen, unfertigen "Tierfrostpräparate" erstreckte. Der Angeklagte hat nach den Feststellungen nicht nur (im Fall B.I.) zahlreiche "Tierfrostpräparate" vorrätig gehalten, sondern andere (im Fall B.II.) auch verkauft. Im übrigen weichen die Feststellungen, soweit sie nach der Verfahrensbeschränkung durch den Senat für den Schuldspruch noch von Bedeutung sind, in tatsächlicher Hinsicht nicht von der Einlassung ab.
IV. Der Strafausspruch kann aus sachlichrechtlichen Gründen keinen Bestand haben.
Die Einzelstrafe zum Fall B.I. der Urteilsgründe muß schon wegen der lückenhaften Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 20 g Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bezüglich einzelner Tiere der vom Aussterben bedrohten Arten aufgehoben werden <s. o. III.1.b) aa)>. Aber auch die anderen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können keinen Bestand haben.
Die Strafzumessung ist rechtsfehlerhaft begründet, soweit das Landgericht einerseits auf eine genaue Feststellung des vom Sachverständigen B. "lediglich gemutmaßten" (UA S. 58) Wertes der einzelnen Tierfrostpräparate mit der Bemerkung verzichtet hat, daß diesem "in vorliegender Sache keine ausschlaggebende Rolle bei der Schuldfrage und der Strafzumessung zukommt" (UA S. 55), andererseits aber "auch die vom Sachverständigen geschätzten Verkehrswerte" (UA S. 63) bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt hat.
Rechtsfehlerhaft ist weiterhin, daß das Landgericht einerseits die Umstände des Todes der einzelnen Tiere offengelassen (UA S. 55, 58), zugleich aber strafschärfend gewertet hat, daß "der überwiegende Teil der Frostpräparate echte (zum Teil aus Skandinavien importierte) Naturentnahmen waren" (UA S. 63). Insoweit fehlt dem Strafschärfungsgrund eine tragfähige Tatsachengrundlage in den Feststellungen.
Es begegnet auch rechtlichen Bedenken (§ 46 Abs. 3 StGB), wenn das Landgericht das gewerbsmäßige Handeln deshalb strafschärfend bewertet hat, weil der Tatbegehung "ein materialistischer Zug des Angeklagten" zugrundeliege (UA S. 62).
Im übrigen müssen die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe insgesamt neu zugemessen werden, weil nach der Teileinstellung und Verfahrensbeschränkung durch den Senat die Verlängerung milderer Strafen nicht auszuschließen ist.
V. Die Entscheidung über die Einziehung beschlagnahmter Tierfrostpräparate nach § 30 b BNatSchG in Verbindung mit § 74 StGB unterliegt der Aufhebung, soweit der Schuldspruch entfallen ist.
Externe Fundstellen: BGHSt 42, 219; NJW 1996, 3220; NStZ 1996, 606
Bearbeiter: Rocco Beck