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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 771

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 510/21, Beschluss v. 18.05.2022, HRRS 2022 Nr. 771


BGH 1 StR 510/21 - Beschluss vom 18. Mai 2022 (LG Heidelberg)

Einziehung (Ausschluss der Einziehung bei Erlöschen des Ersatzanspruchs des Geschädigten auch durch Zahlung eines Mitangeklagten).

§ 73 Abs. 1 StGB; § 73e Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und seine Kosten nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 28. Juni 2021 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 533.833 Euro angeordnet ist; die darüberhinausgehende Einziehung entfällt. Der Angeklagte haftet in dieser Höhe als Gesamtschuldner; die Mitangeklagten A. und D. haften in Höhe der jeweils gegen sie angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen als Gesamtschuldner.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in vier Fällen, versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und Beihilfe zum versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 536.883 Euro angeordnet. Darüber hinaus hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen.

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat hinsichtlich des Einziehungsausspruchs den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuld-, Straf- und Adhäsionsausspruchs aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Lediglich der Einziehungsausspruch ist, wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen dargelegt hat, zu beanstanden.

Der Angeklagte hat in den abgeurteilten Fällen insgesamt 538.583 Euro erlangt. Hiervon sind nicht nur - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - die durch den Angeklagten als Schadensersatz an die Geschädigten geleisteten 1.700 Euro abzuziehen, sondern auch die Zahlungen der Mitangeklagten; denn auch insoweit sind die Ansprüche der Geschädigten gemäß § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB erloschen. Das Tatbestandsmerkmal „erloschen“ ist zivilrechtlich auszulegen (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 69). Der Schadensersatzanspruch erlischt auch dann, wenn er durch einen anderen als den Täter erfüllt wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 - 5 StR 433/19 Rn. 30). Die Mitangeklagten A., L. und D. haben insgesamt 3.050 Euro an die Geschädigten bezahlt (UA S. 53, 65, 67). Hinsichtlich des verbleibenden Einziehungsbetrages von 533.833 Euro ist die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten anzuordnen, da nicht nur er, sondern auch die Tatbeteiligten De., D. und Am. Verfügungsgewalt über die Tatbeute erlangt hatten.

Die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ist gemäß § 357 StPO auf die Mitangeklagten D. und A. in Höhe der jeweils gegen sie angeordneten Einziehung zu erstrecken; denn die Einziehung des Wertes von Taterträgen leidet bei ihnen an demselben Rechtsfehler (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2021 - 3 StR 128/21 Rn. 3 ff.). Der Mitangeklagte A. hat die Beuteanteile, die der gegen ihn gerichteten Einziehungsentscheidung zugrunde liegen, in den Fällen II 2 bis 4 von dem Angeklagten und im Fall II 6 von dem Mitangeklagten D. erhalten. Der Mitangeklagte D. hat im Fall II 4 seinen Beuteanteil von dem Angeklagten erhalten, verbrachte in Fall II 6 die Tatbeute nach H. und übergab sie dem Tatbeteiligten Am. .

Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO, § 465 Abs. 2 StPO analog).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 771

Bearbeiter: Christoph Henckel