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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 477

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 422/21, Beschluss v. 09.02.2022, HRRS 2022 Nr. 477


BGH 1 StR 422/21 - Beschluss vom 9. Februar 2022 (LG Göttingen)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 2. Juli 2021

a) im Strafausspruch dahin geändert, dass die in Fall 46 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe auf elf Monate Freiheitsstrafe festgesetzt wird,

b) im Einziehungsausspruch dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 179.501,88 Euro angeordnet ist; in Höhe eines Betrages von 13.086,68 Euro entfällt die Einziehung.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 45 Fällen sowie Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zwei Monate hiervon als vollstreckt erklärt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 179.501,88 Euro sowie 13.086,68 Euro angeordnet.

Die auf die Sachrüge und zwei Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Hinsichtlich der Verfahrensrügen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen.

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen lassen.

a) In Fall 46 hat die Strafkammer die verkürzte und tatsächlich zu entrichtende Lohnsteuer rechtsfehlerhaft aus den fiktiven Bruttolöhnen errechnet. Tatsächlich hätte die hinterzogene Lohnsteuer auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten „Schwarzlöhne“ 29.707,65 Euro und nicht 45.841,58 Euro betragen. Diesen Fehler hat die Strafkammer erst bei Abfassung der Urteilsgründe bemerkt (UA S. 12 f., 50 f., 56). Bei der Bemessung der Einzelfreiheitsstrafen hat die Strafkammer für die Vergehen nach § 266a StGB und § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO anhand der Höhe der vorenthaltenen Beträge Fallgruppen gebildet. Fall 46 hat sie infolge der von ihr fehlerhaft berechneten Lohnsteuer in die Fallgruppe mit dem höchsten Schaden eingeordnet und die von ihr hierfür vorgesehene Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verhängt. Tatsächlich gehört Fall 46 in die Fallgruppe für Schäden bis 30.000 Euro mit einer Freiheitsstrafe von elf Monaten.

Der Senat hat daher die von der Strafkammer für diesen Fall festgesetzte Freiheitsstrafe aufgehoben und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO eine Freiheitsstrafe von elf Monaten festgesetzt.

b) Angesichts dessen, dass die für Fall 30 verhängte Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat und die für weitere 44 Taten festgesetzten Freiheitsstrafen bestehen bleiben, ist eine Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht veranlasst. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer bei korrekter Festsetzung der Einzelstrafe in Fall 46 eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.

c) Die Anordnung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB bedarf ebenfalls einer Korrektur. Da die zu entrichtende Lohnsteuer lediglich 29.707,65 Euro beträgt und hierauf bereits 32.754,90 Euro bezahlt worden sind (UA S. 51), ist der Verkürzungsbetrag vollständig zurückgeführt worden (§ 73e Abs. 1 StGB). Die Einziehungsanordnung hatte deshalb insoweit zu entfallen.

3. Mit Blick auf die der Einziehungsanordnung zugrunde liegenden Wertverhältnisse gebietet es die Billigkeit trotz des diesbezüglichen Teilerfolgs der Revision nicht, den Angeklagten teilweise von Kosten oder Gebühren zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO, § 465 Abs. 2 StPO analog).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 477

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede