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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 633

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 560/19, Beschluss v. 18.03.2020, HRRS 2020 Nr. 633


BGH 1 StR 560/19 - Beschluss vom 18. März 2020 (LG Baden-Baden)

Bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Vorliegen eines minderschweren Falls).

§ 30a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BtMG

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 16. August 2019 aufgehoben

a) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II.1. der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es die Einziehung des im Fall II.1. der Urteilsgründe vom Angeklagten mitgeführten Klappmessers sowie von Betäubungsmitteln und weiteren Gegenständen angeordnet. Mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet der Angeklagte seine Verurteilung. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte und übernahm der Angeklagte auf einem Park-and-Ride-Parkplatz 499,5 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 459,972 Gramm KHC, um dieses in der Folgezeit gewinnbringend weiterzuverkaufen. Bei einer wenig später auf einer Tankstellenanlage durchgeführten Polizeikontrolle wurde das Kokain sichergestellt. Während des Erwerbs und des Transports des Kokains hatte der Angeklagte in einer Bauchtasche, die er an seinem Körper trug, ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 9 cm bei sich, das zur Verletzung von Personen geeignet und von ihm hierzu bestimmt worden war und das er jederzeit zugriffsbereit mitführte, um auf diese Weise das Betäubungsmittelgeschäft abzusichern (Fall II.1. der Urteilsgründe).

Zudem verwahrte der Angeklagte im Bürogebäude seiner Werkstatt neben zwei Kleinmengen Marihuana weitere 88,05 Gramm Marihuana in einer Plastiktüte mit einem Wirkstoffgehalt von 8,672 Gramm THC zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Diese Betäubungsmittel wurden ebenfalls sichergestellt (Fall II.2. der Urteilsgründe).

2. Die Bestimmung der Einzelstrafe im Fall II.1. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit - rechtsfehlerfrei - wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) verurteilt. Das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne von § 30a Abs. 3 BtMG hat das Landgericht verneint. Sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat das Landgericht strafschärfend berücksichtigt, dass das von dem Angeklagten mitgeführte Klappmesser „angesichts der nicht unerheblichen Klingenlänge des Messers von immerhin 9 cm unter den von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfassten Gegenständen zumindest als ein solcher mittlerer Gefährlichkeit anzusehen“ ist (UA S. 13). Den erhöhten Grad der Gefährlichkeit unter den vom Straftatbestand des bewaffneten Handeltreibens erfassten Gegenständen hat das Landgericht indes nicht näher belegt. Jedenfalls im Hinblick auf die für diese Tat verhängte hohe Freiheitsstrafe von sieben Jahren besorgt der Senat, dass das Landgericht der Gefährlichkeit des Messers unter den von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfassten Gegenständen - insbesondere im Verhältnis zu den dort ebenfalls genannten Schusswaffen - ein zu hohes Gewicht beigemessen hat. Die Einzelstrafe hat daher keinen Bestand.

3. Die Aufhebung der Einsatzstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Demgegenüber bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler nicht der Aufhebung von Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Das Landgericht darf weitere mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

4. Im Übrigen ist die Revision aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 633

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede