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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 1044

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 345/17, Beschluss v. 08.08.2017, HRRS 2017 Nr. 1044


BGH 1 StR 345/17 - Beschluss vom 8. August 2017 (LG München I)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 4. April 2017 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 80.000 € angeordnet.

Seine Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Juli 2017 unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der Schuld- und Strafausspruch weist keine Rechtsfehler auf. Die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nach § 73, 73a aF StGB hält hingegen rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Voraussetzungen des § 73c aF StGB unzureichend geprüft wurden.

§ 73c aF StGB ist auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar.

2. Nach § 73c Abs. 1 Satz 2 aF StGB kann eine Verfallsanordnung des Wertersatzes unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Täters nicht mehr vorhanden ist. Die zu treffende Ermessensentscheidung eröffnet dem Tatgericht die Möglichkeit zu prüfen, ob nur ein Teilbetrag dem Verfall des Wertersatzes unterliegen soll. An einer solchen Prüfung fehlt es vorliegend hinsichtlich der 80.000 €, die der Angeklagte aus den beiden Betäubungsmittelstraftaten erzielt hat, auf die die Strafkammer die Verfallsanordnung beschränkt hat.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte vermögenslos, mit 25.000 € verschuldet und mit dem Aufbau einer eigenen Firma für den Export von Delikatessen nach Spanien beschäftigt. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann der Senat zwar entnehmen, dass das Erlangte infolge der Bezahlung des Betäubungsmittellieferanten und der finanziellen Situation des Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Die Begründung des Landgerichts zeigt jedoch nicht auf, dass es von dem ihm nach § 73c Abs. 1 Satz 2 aF StGB eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat. Eine Ermessensentscheidung scheidet nur aus, soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallsbetrag zurückbleibt (BGH, Beschluss vom 15. November 2016 - 3 StR 385/16, StraFo 2017, 74, 75 mwN).

Auch die Frage einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 aF StGB) ist nicht geprüft worden.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verfallsanordnung. Da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt, können die getroffenen Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Das neue Tatgericht kann jedoch weitergehende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 1044

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner