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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 932

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 308/15, Beschluss v. 19.08.2015, HRRS 2015 Nr. 932


BGH 1 StR 308/15 - Beschluss vom 19. August 2015 (LG Leipzig)

Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (Nachholung durch das Revisionsgericht).

Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; § 354 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 8. Januar 2015 dahin ergänzt, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vier Monate als vollstreckt gelten und dass die Höhe eines Tagessatzes für die verhängten Einzelgeldstrafen auf jeweils ein Euro festgesetzt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 38 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 38 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge und Verfahrensbeanstandungen begründete Revision des Angeklagten erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

1. Weil das Landgericht - wie es selbst ausführt - irrtümlich keine Kompensation für die in den Urteilsgründen festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ausgesprochen hat, holt der Senat dies in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nach, um weitere Verzögerungen zu vermeiden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2008 - 5 StR 118/08). Angesichts der Dauer der Verzögerung, die sich aus den Urteilsgründen selbst ergibt (weitergehende Verfahrensrügen sind nicht zulässig erhoben), bemisst der Senat die angemessene Kompensation mit vier Monaten Freiheitsstrafe, die als vollstreckt gelten.

2. Bei der Festsetzung der Einzelgeldstrafen hat die Strafkammer die Tagessatzhöhe nicht bestimmt, obwohl dies auch geboten ist, wenn Einzelgeldstrafen in einer Gesamtfreiheitsstrafe aufgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96). Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts setzt der Senat die Tagessatzhöhe auf den Mindestbetrag von einem Euro (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB) fest.

3. Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 932

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel