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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 756

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 368/14, Beschluss v. 11.06.2015, HRRS 2015 Nr. 756


BGH 1 StR 368/14 - Beschluss vom 11. Juni 2015 (LG Stuttgart)

Verfall (Begriff des Erlangten: Maßgeblichkeit des Zwecks der Strafvorschrift, hier: fahrlässiges Erbringen von Zahlungsdienstleistungen ohne Erlaubnis; Absehen vom Verfall wegen unbilliger Härte: Nochvorhandensein des Erlangtem im Vermögen des Täters; Vorliegen einer unbilligen Härte); fahrlässiges Erbringen von Zahlungsdienstleistungen ohne Erlaubnis (Genehmigungsbedürftigkeit hybrider Unternehmen: richtlinienkonforme Auslegung; kein Verbotsgesetz).

§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 73c Abs. 1 StGB; § 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG; § 134 BGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Aus der Tat „erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. BGHSt 52, 227, 246 Rn. 92).

2. Bei der Bestimmung dessen, was „aus der Tat erlangt“ ist (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB), ist zu prüfen, welchen geschäftlichen Vorgang die Strafvorschrift nach ihrem Zweck verhindern will, was also letztlich strafbewehrt ist. Nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen.

3. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt (vgl. BGHSt 57, 79, 84 mwN).

4. Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen die geschäftliche Tätigkeit einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den der Täter in strafbarer Weise umgeht. Erreicht er hierdurch, dass er ein nicht genehmigungsfähiges Geschäft abschließen und/oder erfüllen sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielen kann, unterliegen diese uneingeschränkt dem Verfall. Hatte er dagegen einen Anspruch auf die Genehmigung, so bemakelt die Rechtsordnung nicht den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrags. Vielmehr soll durch die Strafbewehrung allein die Umgehung der Kontrollbefugnisse der Genehmigungsbehörde sanktioniert werden. Erlangt ist in diesem Fall nur der durch das nicht durchgeführte Genehmigungsverfahren erwachsene Sondervorteil in Gestalt des ersparten Aufwands (vgl. BGHSt 57, 79, 84 f. mwN).

5. Zahlungsdienste ohne Erlaubnis (§ 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG) erbracht, ist die Vereinbarung und Durchführung des Zahlungsdienstes strafrechtlich bemakelt. Dazu gehört der gesamte Geldkreislauf, der mit dem Angebot und der Auszahlung an den Kunden durch das EC-Cash-Terminal beginnt und mit dem Eingang der Gutschrift auf dem Konto der Verfallsbeteiligten endet.

6. Der Wert des Erlangten ist noch im Vermögen des Täters vorhanden, wenn das Nettovermögen des Betroffenen den Wert des Erlangten zumindest erreicht. Deshalb scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB von vorneherein aus, solange und soweit der Betroffene über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem Verfallsbetrag zurückbleibt (vgl. BGHSt 48, 40, 42 mwN).

7. Für den unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob die Anordnung den Betroffenen empfindlich treffen und Grundsätze der Billigkeit sowie das Übermaßverbot verletzen und damit „schlechthin ungerecht“ erscheinen würde. Diese Umschreibung eröffnet dem Tatgericht einen weiten Beurteilungsspielraum. Es obliegt im Wesentlichen seiner Bewertung, ob eine unbillige Härte vorliegt. Die Gewichtung der hierfür maßgeblichen Umstände ist der Nachprüfung in der Revisionsinstanz entzogen (vgl. BGHSt 57, 79, 87 mwN).

8. Besteht die Hauptaktivität eines Unternehmens nicht darin, Zahlungsdienste zu erbringen (sog. hybride Unternehmen), sind sie nach dem ZAG Zahlungsinstitute, soweit sie Zahlungsdienste gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Diese Rechtslage steht im Einklang mit der Zahlungsdiensterichtlinie; denn auch sie erfasst hybride Unternehmen als Zahlungsinstitut.

9. Bei der Umsetzung einer Richtlinie besteht regelmäßig die Vermutung, dass der Gesetzgeber den Willen hatte, die Richtlinie korrekt umzusetzen.

10. Erwägungsgründe eingangs einer Richtlinie sind Ausdruck des historischen Willens des Gesetzgebers und der mit der erlassenen Richtlinie angestrebten Ziele, nicht aber sind sie deren rechtsverbindlicher Bestandteil. Sie können aber bei Auslegungsbedürftigkeit der Richtlinie zur Auslegung herangezogen werden. Maßgeblich ist jedoch zunächst die konkrete Ausformung des Willens des Gesetzgebers in den Artikeln der Richtlinie. 11. Bei § 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG handelt es um kein Verbotsgesetz nach § 134 BGB.

Entscheidungstenor

Die Revision der Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2014 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen fahrlässigen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten (§ 31 Abs. 2 ZAG) und vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG) jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu 500 € bzw. 520 € verurteilt. Gegen die Verfallsbeteiligte hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 451.756 € angeordnet und Ratenzahlung gewährt.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg.

I.

Gegenstand der Verurteilung und der Verfallsanordnung sind Verstöße gegen das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG) in der Zeit vom 1. November 2009 bis 13. November 2012.

Die U. GmbH, deren Gesellschafterin die K. OHG ist, betreibt vier Spielhallen, darunter das „Casino L. “. Sie wird von den Angeklagten als alleinige Geschäftsführer geleitet. Diese sind auch alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter der K. OHG, die acht Spielhallen betreibt. In den Jahren 2009 bis 2012 verfügte die U. GmbH über gezeichnetes Kapital in Höhe von 25.564,59 €, hatte aber keine Rücklagen gebildet.

Am 10. Februar 2009 bestellte der Techniker der U. GmbH im Auftrag der Angeklagten für das „Casino L.“ bei der La. AG ein Electronic Cash Terminal (EC-Cash-Terminal) zur Miete. Das Terminal verfügte über eine Leseeinheit für eine EC-Karte, ein Tastaturfeld für die PIN-Eingabe und eine Software zur Datenübertragung an die La. AG, die die Kundendaten zur jeweiligen Bank des Kunden weitergab. Die Datenweiterleitung an die La. AG erfolgte jeweils nach fünf Bargeldauszahlungen. Autorisierte die Bank die Auszahlung, wurde der Auszahlungsbetrag zuzüglich einer Gebühr für die U. GmbH in Höhe von einem Euro vom Bankkonto des Kunden eingezogen und auf einem Sammelkonto der La. AG gutgeschrieben. Die La. AG überwies der U. GmbH diese Beträge auf das für das EC-Cash-Terminal eingerichtete Konto. Die U. GmbH hatte ihrerseits eine Gebühr von 0,05 € je Auszahlung an die La. AG zu entrichten.

Der Techniker der U. GmbH baute das EC-Cash-Terminal in einen Standfuß ein, den die U. GmbH bei der H. GmbH bestellt hatte. Er programmierte diesen so, dass Auszahlungen in Höhe von 30, 50 oder 100 € ausgewählt werden konnten und nach der Auszahlung der Beleg ausgedruckt wurde. Das EC-Cash-Terminal installierte der Techniker in den Räumen der Spielhalle und verband es mit dem dort vorhandenen Geldwechsler. Diesen hatte die U. GmbH von der H. GmbH bezogen.

Der Techniker oder anderes Personal der U. GmbH füllte den Geldwechsler täglich mit Geld, das die Angeklagten von dem für das EC-Cash-Terminal eingerichteten Konto der U. GmbH abgehoben hatten. Der Techniker legte auch Druckerpapier nach. Die Rechnungen für die Miete des EC-Cash-Terminals, für die Bereitstellung des Sammelkontos und andere Dienstleistungen übermittelte die La. AG per E-Mail an den Techniker, der sie ausdruckte und dem Angeklagten Ko. übergab.

Anweisungen für Betriebsstörungen des Terminals hatte die Spielhallenaufsicht nicht.

Auch die drei weiteren von der U. GmbH betriebenen Spielhallen wurden mit EC-Cash-Terminals ausgestattet. Die Umsätze wurden über gesonderte Bankkonten abgewickelt.

Im Mai 2011 erhielten die Angeklagten ein Rundschreiben der H. GmbH, das auf das ZAG und die mögliche Erlaubnispflicht von Auszahlungsgeschäften hinwies.

Die Benutzer des EC-Cash-Terminals ließen sich vom 31. Oktober 2009 bis einschließlich 13. November 2012 in 7.526 Fällen Bargeld in Höhe von insgesamt 444.230 € auszahlen und entrichteten Gebühren in Höhe von 7.526 €. Der gesamte Betrag in Höhe von 451.756 € wurde der U. GmbH auf dem für das EC-Cash-Terminal eingerichteten Konto gutgeschrieben.

Die Angeklagten, die U. GmbH und die K. OHG verfügten nicht über eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Betrieb eines EC-Cash-Terminals.

Im Jahr 2009 betrug der Bilanzgewinn der U. GmbH 708.612,38 €. Darin war ein Gewinnvortrag von 704.964,99 € enthalten. Im Jahr 2010 belief sich der Bilanzgewinn auf 738.609,86 € (Gewinnvortrag 708.612,38 €), im Jahr 2011 auf 851.005,65 € (Gewinnvortrag 738.609,86 €) und im Jahr 2012 auf 989.523,91 € (Gewinnvortrag 851.005,65 €).

Der Bilanzgewinn der U. GmbH für das Jahr 2013 war zur Zeit der Urteilsverkündung durch das Landgericht am 18. März 2014 nicht bekannt, da die Bilanz noch nicht beim Handelsregister vorlag. Den Bilanzgewinn schätzte das Landgericht mit Rücksicht auf die jedes Jahr angestiegenen Gewinne der U. GmbH auf die Höhe des Vorjahres.

II.

Die Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1, Abs. 3 StGB hat das Landgericht damit begründet, dass die U. GmbH während des gesamten Tatzeitraums Gutschriften für die Auszahlungen an die Kunden in Höhe von 444.230 € zuzüglich der von den Kunden entrichteten Gebühren in Höhe von 7.526 € erhalten habe. Damit belaufe sich der Verfallsbetrag auf insgesamt 451.756 €, da Gegenleistungen und Kosten nicht abzuziehen seien. Der Verfall von Wertersatz sei anzuordnen gewesen, weil die Auszahlungsbeträge und Gebühren als solche nicht bei der U. GmbH vorhanden gewesen seien. Da der geschäftliche Vorgang an sich verboten und strafbewehrt gewesen sei, unterliege der gesamte Erlös dem Verfall; denn der Betrieb des Geldautomaten sei erlaubnispflichtig (§ 8 Abs. 1 ZAG), aber nicht erlaubnisfähig nach § 9 Nr. 3c und Nr. 6 ZAG gewesen. Die U. GmbH habe nicht über ausreichendes Anfangskapital im Sinne von § 1 Abs. 9a, § 9 Nr. 3 ZAG in Höhe von mindestens 125.000 € verfügt, insbesondere seien keine Rücklagen gebildet gewesen. Auch ausreichende Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung von Risiken (§ 9 Abs. 6 ZAG) seien nicht vorhanden gewesen.

Vom Verfall sei auch nicht wegen unbilliger Härte gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB abzusehen gewesen. Im Jahr 2012 habe der Bilanzgewinn der U. GmbH 989.523,91 € betragen. Zudem könne die K. OHG als „Eigentümerin“ der U. GmbH Kapital zur Verfügung stellen und letztendlich hätten beide Angeklagte als Gesellschafter der K. OHG mit ihrem gesamten Vermögen einzustehen. Sie verfügten über ein hohes Einkommen, insbesondere aus Mieteinnahmen, seien Eigentümer mehrerer Immobilien und daher in der Lage, im Bedarfsfall nachzuschießen.

Eine ausdrückliche Prüfung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB hat das Landgericht unterlassen.

III.

Die Verfallsbeteiligte macht mit der Revision geltend, dem Verfall unterlägen nur die Vorteile, die der Tatteilnehmer oder der Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen oder nicht behalten solle, die also „bemakelt“ seien. Das Erfordernis der Erlaubnis des Bundesamts diene nur der Kontrolle und Beaufsichtigung der Zahlungsinstitute und nicht dem Verbraucherschutz. Deshalb seien die Auszahlungen an den Kunden und die nachfolgenden Gutschriften auf dem Konto des Betreibers nicht „strafbemakelt“.

Das Landgericht habe auch nicht bedacht, dass die Gründe für die Versagung der Erlaubnis durch entsprechende Auflagen der Erlaubnisbehörde hätten beseitigt werden können. Würde die U. GmbH die erforderlichen Rücklagen bilden und ein Anfangskapital von mindestens 125.000 € schaffen, seine Risiken darstellen, die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts klassifizieren, schriftliche Arbeitsanweisungen an das Personal erteilen und dessen Beaufsichtigung darstellen, müsse die Erlaubnis erteilt werden.

Außerdem habe das Landgericht bei der Bewertung, ob eine unbillige Härte vorliegt, das Übermaßverbot verletzt. Die Verfallsanordnung stehe außer Verhältnis zum Gewicht der Anlasstat. Denn die Angeklagten hätten nur in der Absicht gehandelt, einen Euro Gebühr je Abhebungsvorgang zu erlangen; der festgesetzte Verfallsbetrag übersteige die Höhe der erlangten Gebühren um mehr als das 59-fache.

Das Landgericht habe auch nicht geprüft, ob der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung noch in dem Vermögen der U. GmbH vorhanden gewesen sei. Allein der Umstand, dass 2012 ein Bilanzgewinn von fast einer Million erzielt worden sei, bedeute nicht, dass zum Zeitpunkt des Urteils noch Vermögen in Höhe des angeordneten Verfallsbetrags vorhanden gewesen sei. Die Gutschriften seien zum Ausgleich der zuvor mittels des Geldautomaten geleisteten Auszahlungen an die Kunden in gleicher Höhe erfolgt und nur durchlaufende Posten, die zu keiner Vermögensmehrung geführt hätten.

Im Übrigen werde die rechtliche Wertung der Kammer, die Angeklagten hätten gewerbsmäßig (§ 8 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ZAG) gehandelt, von den Feststellungen nicht getragen. Das Landgericht habe die Höhe der Miete und der Kosten für die vom Vermieter erbrachten Dienstleistungen und für die Bestückung, Wartung und Überwachung des Geldautomaten nicht mitgeteilt. Betrügen die Kosten aber einen Euro oder mehr, scheide gewerbsmäßiges Handeln aus.

Die U. GmbH habe Zahlungsdienste auch nicht in einem Umfang erbracht, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 8 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZAG) erfordert hätte; denn der Vermieter habe die eigentlichen Zahlungsdienste abgewickelt, es habe sich nur um einen einzigen Geldautomaten gehandelt mit nur eingeschränkten Auszahlungsbeträgen und lediglich knapp zehn Auszahlungsvorgängen pro Tag.

Das Landgericht habe eine richtlinienkonforme Auslegung des ZAG unterlassen, weil die EU-Zahlungsdiensterichtlinie nach Erwägungsgrund Ziffer VI nur solche Zahlungsdienstleister habe erfassen sollen, deren Haupttätigkeit darin bestehe, Zahlungsdienste zu erbringen. Die Haupttätigkeit der U. GmbH sei aber das Betreiben des Spielsalons mit dem Geldautomaten als zusätzlichem Service gewesen.

IV.

Die Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg.

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen Verfall von Wertersatz in Höhe von 451.756 € angeordnet hat, halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Verfallsbeteiligte hat aus der Tat Gutschriften und Gebühren in Höhe von insgesamt 451.756 € erlangt. Eine Entreicherung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB) ist nach den Feststellungen ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht geprüft und rechtsfehlerfrei eine unbillige Härte verneint. Auch Ansprüche von Verletzten stehen nicht entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB).

1. Die U. GmbH war Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, weil die Angeklagten als ihre Geschäftsführer für das Unternehmen handelten. Werden Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) eines Unternehmens gerade mit dem Ziel tätig, dass bei diesem infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245 f.).

2. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt für die Anordnung des Verfalls eine rechtswidrig begangene Tat voraus. Im Gegensatz zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB enthält die Norm keine Beschränkung auf vorsätzlich begangene Delikte. Die Anordnung des Verfalls kommt somit auch bei der Verwirklichung eines Fahrlässigkeitstatbestands in Betracht (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 81 mwN).

3. Aus den rechtswidrigen Taten der Angeklagten hat die U. GmbH Gutschriften und Gebühren in Höhe von insgesamt 451.756 € erlangt.

a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.; Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246 Rn. 92; Fischer, StGB 62. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN).

Betreiberin des EC-Cash-Terminals war die U. GmbH, die es bei der La. AG angemietet, in ihrem Spielcasino aufgestellt, programmiert und mit ihrem Geldwechsler verbunden hatte und betriebsbereit hielt. Das EC-Cash-Terminal, das mit Bargeld der U. GmbH bestückt war, bot den Spielern im Spielcasino die Möglichkeit, sich wieder mit Bargeld auszustatten, um weiter spielen zu können. Es war ein Angebot der U. GmbH an die Spieler, sich von ihr gegen eine Gebühr von einem Euro je Abhebung Bargeld in Höhe von 30, 50 oder 100 € auszahlen zu lassen. Dieses Angebot nahmen die Spieler an, indem sie ihre EC-Karte einführten, die PIN und den gewünschten Betrag eingaben. Zwischen den Parteien kam dadurch ein Geschäftsbesorgungsvertrag zustande, der das Erbringen eines Zahlungsdienstes (gegen Gebühr) zum Gegenstand hatte (§ 675c Abs. 1 BGB). Zugleich erteilten die Spieler ihrem Kreditinstitut den Auftrag, einen Betrag in Höhe der vom EC-Cash-Terminal der U. GmbH ausbezahlten Summe zuzüglich der mit der U. GmbH vereinbarten Gebühr von ihrem Konto abzubuchen und auf das Sammelkonto der La. AG zu überweisen. Die Weiterleitung der Zahlungsaufträge der Spieler (§ 675f Abs. 3 Satz 2 BGB) über die La. AG an ihre Kreditinstitute erfolgte jedoch erst nach jeweils fünf Bargeldauszahlungen. Autorisierte das Kreditinstitut die Anweisung ihres Kunden, wurde der Auszahlungsbetrag zuzüglich der an die U. GmbH zu entrichtenden Gebühr vom Bankkonto des Kunden eingezogen und auf ein Sammelkonto der La. AG überwiesen. Mit Eingang der Summe bei der La. AG wurde der Anspruch der U. GmbH gegen den Spieler auf Zahlung der vereinbarten Gebühr (§ 675f Abs. 4 Satz 1 BGB) von einem Euro erfüllt. Zugleich wurde der Anspruch der U. GmbH auf Rückzahlung des dem Spieler auf Grund des abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags ausbezahlten Bargeldes erfüllt. Die La. AG wiederum überwies der U. GmbH diese Beträge auf das für das EC-Cash-Terminal eingerichtete Konto. Hierzu war sie aufgrund des Miet- und Dienstleistungsvertrags mit der U. GmbH verpflichtet. Mit Eingang der Gutschrift auf dem Konto erhielt die U. GmbH das den Benutzern des Automaten ausbezahlte Geld zurück.

Die U. GmbH als Anbieterin von Zahlungsdiensten erlangte damit unmittelbar aus dem unerlaubten Erbringen von Zahlungsdiensten die Ansprüche gegen die Nutzer des EC-Cash-Terminals auf Rückzahlung des ihnen ausbezahlten Bargelds und auf Zahlung der Nutzungsgebühr. Diese Ansprüche erfüllten die Nutzer vertragsgemäß durch Überweisung der geschuldeten Beträge an die La. AG (Leistung an einen Dritten), die das Geld wiederum vereinbarungsgemäß an die Verfallsbeteiligte überwies. Die bei der Verfallsbeteiligten eingegangenen Gutschriften unterliegen dem Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB), da die Anordnung des Verfalls des ursprünglich Erlangten nicht möglich ist, weil an dessen Stelle ein Surrogat getreten ist.

Da die Daten an die La. AG erst nach fünf Bargeldauszahlungen weitergeleitet wurden und der Auszahlungsbetrag zuzüglich der an die U. GmbH zu entrichtenden Gebühr erst nach Autorisierung durch die Bank vom Bankkonto des Kunden eingezogen und auf ein Sammelkonto der La. AG überwiesen wurde, hat die U. GmbH den Nutzern auf ihr Risiko Kredit gewährt. Die Forderung gegen die La. AG auf Überweisung entstand erst nach Genehmigung und Ausführung des Überweisungsauftrags des Kunden durch die Bank und damit zeitlich später. Das Vermögen der U. GmbH hatte sich im Moment der Auszahlung an den Kunden bereits vermindert. Die Gutschriften sind damit, anders als die Verfallsbeteiligte meint, nicht lediglich durchlaufende Posten, die zu keiner Vermögensmehrung geführt haben könnten.

b) Die Gutschriften und Gebühren in Höhe von insgesamt 451.756 € unterliegen in Gänze dem Verfall.

aa) Bei der Bestimmung dessen, was „aus der Tat erlangt“ ist (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB), ist zu prüfen, welchen geschäftlichen Vorgang die Strafvorschrift nach ihrem Zweck verhindern will, was also letztlich strafbewehrt ist. Nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 84 mwN; vgl. insoweit auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 249 Rn. 105).

Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen die geschäftliche Tätigkeit einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den der Täter in strafbarer Weise umgeht. Erreicht er hierdurch, dass er ein nicht genehmigungsfähiges Geschäft abschließen und/oder erfüllen sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielen kann, unterliegen diese uneingeschränkt dem Verfall.

Hatte er dagegen einen Anspruch auf die Genehmigung, so bemakelt die Rechtsordnung nicht den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrags. Vielmehr soll durch die Strafbewehrung allein die Umgehung der Kontrollbefugnisse der Genehmigungsbehörde sanktioniert werden. Erlangt ist in diesem Fall nur der durch das nicht durchgeführte Genehmigungsverfahren erwachsene Sondervorteil in Gestalt des ersparten Aufwands (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 84 f. mwN).

Werden Zahlungsdienste ohne Erlaubnis (§ 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG) erbracht, ist die Vereinbarung und Durchführung des Zahlungsdienstes strafrechtlich bemakelt. Dazu gehört der gesamte Geldkreislauf, der mit dem Angebot und der Auszahlung an den Kunden durch das EC-Cash-Terminal beginnt und mit dem Eingang der Gutschrift auf dem Konto der Verfallsbeteiligten endet.

Solange die U. GmbH als Zahlungsinstitut nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG die Voraussetzungen für die Erteilung einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG nicht geschaffen hatte, musste die Erlaubnis versagt werden. § 9 ZAG zählt die Gründe auf, aus denen eine beantragte Erlaubnis zwingend versagt werden muss. Ein Ermessen räumt diese Vorschrift nicht ein (Walz in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl. 2013, § 9 Rn. 1). Hier lagen die Versagungsgründe der § 9 Nr. 3c und § 9 Nr. 6 ZAG vor. Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis bestand deshalb nicht.

Die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, für ein zureichendes Eigenkapital (§ 9 Nr. 3c ZAG) oder Risikomanagement (§ 9 Nr. 6 ZAG) zu sorgen, war nicht zulässig. Eine Erlaubnis unter Auflagen zu erteilen, beschränkt § 8 Abs. 5, § 9 ZAG (Walz, aaO, § 8 Rn. 38).

Ein Antrag der Verfallsbeteiligten auf Erteilung der Erlaubnis wäre abgelehnt worden, weil das Geschäftskonzept in der aktuellen Ausgestaltung nicht genehmigungsfähig war. Es handelt sich also nicht um einen rein formellen Verstoß gegen den bestehenden Genehmigungsvorbehalt. Strafrechtlich bemakelt war demnach das Geschäft selbst. Das Erbringen von Zahlungsdiensten durch ein Zahlungsinstitut, das die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist verboten. Damit unterliegt der gesamte hieraus erzielte Erlös dem Verfall.

bb) Die hier vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil erlangt ist.

So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884), weil der Veräußerungsakt als solcher legal ist. Bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll.

Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen soll lediglich die Art und Weise bemakelt sein, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 310; siehe aber auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 250 ff. Rn. 107 f.).

Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein das Umgehen der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert; erlangt sind nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt und die gesamte Gegenleistung kann abgeschöpft werden.

Bei der hier vorliegenden Fallkonstellation lag allerdings nicht nur ein rein formeller Verstoß gegen den bestehenden Erlaubnisvorbehalt vor. Strafrechtlich bemakelt war das Erbringen von Zahlungsdiensten selbst, weil die U. GmbH die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllte.

4. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass aufgrund des nach § 73 Abs. 1 StGB geltenden Bruttoprinzips der gesamte Erlös aus den Zahlungsdienstleistungen für verfallen zu erklären ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1993 - 2 StR 468/93, NStZ 1994, 123). Damit sind weder Mietzins, Dienstleistungsgebühren in Höhe von 0,05 Cent noch sonstige Kosten in Abzug zu bringen.

5. Auch eine Entreicherung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB) ist nach den Feststellungen ausgeschlossen.

§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 106/06, NStZ-RR 2007, 109) und eröffnet dem Tatrichter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen ganz oder teilweise vom Verfall abzusehen, wenn und soweit „der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist“. Das ist hier nicht der Fall. Den Gründen des landgerichtlichen Urteils ist zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt des Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten in dem Vermögen der Verfallsbeteiligten noch vorhanden war.

Der Wert des Erlangten ist noch vorhanden, wenn das Nettovermögen des Betroffenen den Wert des Erlangten zumindest erreicht. Deshalb scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB von vorneherein aus, solange und soweit der Betroffene über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem Verfallsbetrag zurückbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40, 42 mwN).

Der für das Jahr 2013 festgestellte Bilanzgewinn von 989.523,91 € übersteigt den angeordneten Verfallsbetrag von 451.756 € um mehr als das Doppelte.

6. § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB schließt die Anordnung des Verfalls zwingend aus, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre.

Für den unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob die Anordnung den Betroffenen empfindlich treffen und Grundsätze der Billigkeit sowie das Übermaßverbot verletzen und damit „schlechthin ungerecht“ erscheinen würde. Diese Umschreibung eröffnet dem Tatgericht einen weiten Beurteilungsspielraum. Es obliegt im Wesentlichen seiner Bewertung, ob eine unbillige Härte vorliegt. Die Gewichtung der hierfür maßgeblichen Umstände ist der Nachprüfung in der Revisionsinstanz entzogen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 87 mwN).

Als unbillige Härte stellt sich die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 451.756 € nicht dar. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Bilanzgewinn von Jahr zu Jahr angestiegen war und im Jahr 2012 989.523,91 € betrug. Den Bilanzgewinn für das Jahr 2013 hat das Landgericht nach § 73b StGB geschätzt und in gleicher Höhe angesetzt, da die Bilanz der Verfallsbeteiligten noch nicht beim Handelsregister vorlag. Der Verfallsbetrag ist halb so hoch wie der Bilanzgewinn.

7. Der Verfall von Wertersatz ist auch nicht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen. Danach ist die Anordnung des Verfalls unzulässig, „soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde“. „Verletzter“ ist der durch die rechtswidrige Tat Geschädigte. Dies setzt den Eintritt eines Schadens voraus. Ist ein Schaden eingetreten, ist der Geschädigte nur dann „Verletzter“ im Sinne von § 73 StGB, wenn das verletzte Strafgesetz auch seine Interessen schützt (Fischer, aaO, § 73 Rn. 17).

Den Spielern ist kein Schaden entstanden. Bei ihnen handelt es sich daher nicht um Verletzte im Sinne dieser Vorschrift. Ihnen stehen keine Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG oder aus § 812 ff. BGB gegen die Verfallsbeteiligte zu.

Der Spieler hat auf Grund des mit der U. GmbH abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags gegen ein Entgelt von einem Euro Bargeld erlangt, über das er frei verfügen konnte.

a) Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist wirksam. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, „wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“. „Ein anderes“ ergibt sich aus dem Gesetz dann, wenn das Ausbleiben der Nichtigkeit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes besser gerecht wird (Armbrüster, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 134 Rn. 1).

Das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) dient der Umsetzung der „Zahlungsdiensterichtlinie“ (Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG). Es ist ein aufsichtsrechtliches Spezialgesetz. Es unterwirft Zahlungsinstitute einem eigenen Aufsichtsregime (Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl. 2013, § 1 Rn. 44), z.B. einer Solvenzaufsicht (Vorhalten von angemessenen Eigenmitteln, § 12 ZAG), und fordert von ihnen in § 8 Abs. 3 Nr. 1 - 12 ZAG umfangreiche Angaben und Nachweise (Findeisen, aaO, § 1 Rn. 56).

Die Zahlungsdiensterichtlinie bezweckt die EU-weite Harmonisierung von Aufsichtsnormen (Findeisen, aaO, § 1 Rn. 55) und die Harmonisierung des Zahlungsverkehrs in Europa durch die Regulierung von Anbietern von Zahlungsdiensten (Findeisen, aaO, § 1 Rn. 3 f.). Rechtspolitischer Hintergrund war das Ziel eines effizienten, modernen Zahlungssystems mit hoher Wettbewerbsfähigkeit und angemessenem Verbraucherschutz innerhalb der europäischen Union (Findeisen, aaO, § 1 Rn. 8).

Die Zahlungsdiensterichtlinie hat der deutsche Gesetzgeber zweigeteilt umgesetzt. Die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen finden sich im ZAG, die zivilrechtlichen Regelungen für Zahlungsdiensteanbieter, ihre Zahlungsverfahren und ihre Haftung im BGB (§§ 675a ff.). Mit den zivilrechtlichen Regelungen sollen die Rechte der Zahlungsdienstenutzer gestärkt werden, mit besonderem Augenmerk auf dem Verbraucherschutz (Findeisen, aaO, § 1 Rn. 42).

Aus den gesetzgeberischen Zielen des ZAG ergibt sich damit, dass es sich bei § 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG um kein Verbotsgesetz nach § 134 BGB handelt.

Dies folgt bereits daraus, dass sich das Verbot - anders als nach § 134 BGB grundsätzlich erforderlich - nicht gegen beide Vertragsparteien, sondern nur gegen eine Partei, nämlich gegen das Zahlungsinstitut, richtet und dementsprechend die Strafbarkeit, die sich aus § 31 ZAG ergibt, nur auf Seiten des Zahlungsinstituts eintritt. Zudem handelt es sich bei der Erlaubnispflicht (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG) um eine aufsichtsrechtliche Vorschrift, bei der sich das in der Erlaubnispflicht liegende Verbot von Zahlungsdiensten ohne Erlaubnis nicht gegen die rechtliche Wirkung dieser Geschäfte richtet. Das Verbot bezweckt nicht, das Geschäft des Erbringens von Zahlungsdiensten als solches zu untersagen, sondern wendet sich lediglich gegen Zahlungsinstitute, die die gesetzlichen Voraussetzungen des ZAG nicht erfüllen. Das ZAG hat ordnungspolitische Funktionen im Bereich des Zahlungsverkehrs und des E-Geld-Geschäfts (Werner in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2. Aufl. 2013, § 31 Rn. 1).

Die Wirksamkeit des Vertrages widerstreitet auch nicht den Interessen des Vertragspartners, weil dieser den ausbezahlten Betrag behalten darf. Die der Auszahlung zugrundeliegende Dienstleistung hat er mit der zu entrichtenden Gebühr vergütet.

b) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei § 31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZAG in Verbindung mit § 8 Abs. 1, § 9 Nr. 3c und § 9 Nr. 6 1. Alt. ZAG um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handelt.

aa) Ein Schutzgesetz liegt nur dann vor, wenn es nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 ff.; vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04, VersR 2005, 515 f. und vom 26. Februar 1993 - V ZR 74/92, BGHZ 122, 1, 3 f.).

§ 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG bestraft den, der ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG Zahlungsdienste erbringt. § 31 Abs. 2 ZAG stellt fahrlässiges Handeln unter Strafe. In den Fällen, in denen eine Verhaltensnorm an anderer Stelle des einschlägigen Fachgesetzes um einen Straftatbestand ergänzt wird, handelt es sich um ein „zusammengesetztes Schutzgesetz“, über dessen Individualschutzzweck insgesamt zu entscheiden ist (Wagner, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 823 Rn. 405). § 9 ZAG wiederum bestimmt, in welchen Fällen eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG zu versagen ist. Hier sind § 9 Nr. 3c und § 9 Nr. 6 1. Alt. ZAG einschlägig. Diese Vorschriften müssen daher in die Prüfung einbezogen werden, ob § 31 ZAG im vorliegenden Fall die Eigenschaft eines Schutzgesetzes zukommt.

Das ZAG mit seinen ordnungspolitischen Funktionen im Bereich des Zahlungsverkehrs und des E-Geld-Geschäfts beschränkt sich in Fällen von besonders schwerwiegenden Verstößen zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzes nicht darauf, nur Verwaltungsmaßnahmen zu ermöglichen. Denn dann könnte der Geltungskraft des Gesetzes nicht hinreichend Rechnung getragen werden (Werner, aaO, § 31 Rn. 1). Deshalb hat der Gesetzgeber bestimmte Gesetzesverletzungen in § 31 ZAG mit Geld- oder Freiheitsstrafe bedroht.

§ 8 Abs. 1 ZAG in Verbindung mit den Versagungstatbeständen des § 9 Nr. 3c und Nr. 6 1. Alt. ZAG könnten jedenfalls auch dem Schutz der Verbraucher vor Zahlungsinstituten dienen, denen kein ausreichendes Anfangskapital zur Verfügung steht oder die über keine wirksamen Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung von Risiken verfügen, soweit dadurch von den Nutzern eingesetzte Gelder in Verlust geraten könnten.

Dagegen könnte die zweigeteilte Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie in §§ 1 ff. ZAG und §§ 675a ff. BGB mit eigenen Haftungsvorschriften in §§ 675u ff. BGB dafür sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Strafbestimmung des § 31 ZAG den verbraucherrechtlichen Schutz nicht mittels einer daran anknüpfenden deliktischen Haftung über § 823 Abs. 2 BGB erweitern wollte (offen gelassen von LG Köln, Urteil vom 29. September 2011 - 81 O 91/11, WM 2012, 405, 406).

bb) Die Frage muss hier jedoch nicht entschieden werden; denn dem Zahlungsdienstenutzer ist kein ersatzfähiger Vermögensschaden entstanden.

Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB).

Ob ein Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach der sogenannten Differenzhypothese, also nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte (BGH, Urteile vom 18. Januar 2011 - VI ZR 325/09, BGHZ 188, 78 Rn. 8 und vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304). Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die Vermögenslage des Nutzers nach Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Vermögenslage zu vergleichen ist, wie sie ohne diesen Vertrag bestanden hätte. Ein Schaden liegt vor, wenn bei diesem Vergleich ein rechnerisches Minus verbleibt, also der Vertragsschluss für den Nutzer wirtschaftlich nachteilig gewesen ist. Wirtschaftlich nachteilig aber war er nur in Höhe der Gebühren von einem Euro je Abhebung; im Übrigen wurde die auf dem Bankkonto des Nutzers eingetretene Vermögensminderung durch das vom Terminal ausbezahlte Bargeld vollständig ausgeglichen.

Die Differenzhypothese muss allerdings stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 und vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304; Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217 f., 223 f. mwN; Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn. 21).

Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat auch keinen Anspruch darauf, besser zu stehen als er stünde, wenn die unerlaubte Handlung nicht begangen worden wäre.

Der Umfang des nach § 823 Abs. 2, §§ 249 ff. BGB geschuldeten Schadensersatzes wird auch durch den Normzweck des verletzten Schutzgesetzes bestimmt (BGH, Urteil vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, VersR 2004, 255). Es wird also nur der Schaden ersetzt, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern soll (BGH, Urteile vom 30. Januar 1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057, 2058; vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 und vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 21 f., 28).

Ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der entrichteten Gebühren besteht also nur dann, wenn die verletzten Vorschriften über zureichendes Eigenkapital (§ 9 Nr. 3c ZAG) oder ausreichendes Risikomanagement (§ 9 Nr. 6 ZAG) den Nutzer auch vor Gebührenansprüchen für ordnungsgemäß erbrachte Leistungen schützen wollen. Dafür bieten indes weder Wortlaut und Entstehungsgeschichte noch Systematik oder Sinn und Zweck dieser Vorschriften hinreichende Anhaltspunkte.

Zahlungsdienstenutzer sollen durch diese Vorschriften nicht davor geschützt werden, einem Zahlungsinstitut, das ohne Erlaubnis handelt und dem nach § 9 Nr. 3c und § 9 Nr. 6 ZAG die Erlaubnis versagt werden müsste, die vereinbarten Gebühren für eine vertragsgemäße, aber ohne Erlaubnis erbrachte Zahlungsdienstleistung zu entrichten.

Hätte die Verfallsbeteiligte über eine Erlaubnis verfügt, wäre der Nutzer ebenfalls zur Leistung der für das Abheben am Automaten vereinbarten Gebühr verpflichtet gewesen. Gemäß § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB hat der Zahlungsdienstenutzer dem Zahlungsdienstleister das für eine Erbringung des Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Die Höhe dieses Entgelts kann jedes Zahlungsinstitut im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst festlegen. Ist der Kunde mit der Höhe der verlangten Gebühr nicht einverstanden, steht es ihm frei, sich zu seiner Hausbank zu begeben und den gewünschten Betrag dort abzuheben.

8. Soweit die Revision schließlich beanstandet, das Landgericht habe eine richtlinienkonforme Auslegung des ZAG unterlassen, greift diese Rüge ebenfalls nicht durch.

Nach Auffassung der Revision hätte eine richtlinienkonforme Auslegung des ZAG deshalb erfolgen müssen, weil die EU-Zahlungsdiensterichtlinie nach Erwägungsgrund Ziffer VI nur Zahlungsdienstleister habe erfassen sollen, deren Haupttätigkeit darin bestehe, Zahlungsdienste zu erbringen; Haupttätigkeit der U. GmbH sei aber das Betreiben des Spielcasinos gewesen.

Einer richtlinienkonformen Auslegung der § 8 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG bedarf es nicht.

Bei der Umsetzung einer Richtlinie besteht regelmäßig die Vermutung, dass der Gesetzgeber den Willen hatte, die Richtlinie korrekt umzusetzen (Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 91).

Erwägungsgründe eingangs einer Richtlinie sind Ausdruck des historischen Willens des Gesetzgebers und der mit der erlassenen Richtlinie angestrebten Ziele, nicht aber sind sie deren rechtsverbindlicher Bestandteil. Sie können aber bei Auslegungsbedürftigkeit der Richtlinie zur Auslegung herangezogen werden. Maßgeblich ist jedoch zunächst die konkrete Ausformung des Willens des Gesetzgebers in den Artikeln der Richtlinie.

Besteht die Hauptaktivität eines Unternehmens nicht darin, Zahlungsdienste zu erbringen (sog. hybride Unternehmen), sind sie nach dem ZAG Zahlungsinstitute, soweit sie Zahlungsdienste gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 8 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG). Diese Rechtslage steht im Einklang mit der Zahlungsdiensterichtlinie; denn auch sie erfasst hybride Unternehmen als Zahlungsinstitut.

So heißt es in Art. 7 Abs. 2 Satz 2: „Dieser Absatz findet auch dann Anwendung, wenn ein Zahlungsinstitut hybriden Charakter hat und andere als die im Anhang genannten Zahlungsdienste erbringt.“ Art. 10 Abs. 5 führt aus: „Erbringt ein Zahlungsinstitut einen der im Anhang aufgeführten Zahlungsdienste und geht es zugleich anderen Geschäftstätigkeiten nach, so können die zuständigen Behörden vorschreiben, dass ein eigenes Unternehmen für das Zahlungsdienstgeschäft geschaffen werden muss, wenn die Nicht-Zahlungsdienstgeschäfte des Zahlungsinstituts entweder die finanzielle Solidität des Zahlungsinstituts oder die Möglichkeit der zuständigen Behörden, zu überprüfen, ob das Zahlungsinstitut sämtlichen Anforderungen dieser Richtlinie genügt, beeinträchtigen oder beeinträchtigen könnten.“ Art. 16 Abs. 1 a) und c) bestimmt: „Über die Erbringung der im Anhang genannten Zahlungsdienste hinaus dürfen Zahlungsinstitute folgenden Tätigkeiten nachgehen:

(a) Erbringung betrieblicher und eng verbundener Nebendienstleistungen, wie die Sicherstellung der Ausführung von Zahlungsvorgängen, Devisengeschäfte, Verwahrungsleistungen, Dienstleistungen für die Sicherstellung des Datenschutzes sowie Datenspeicherung und -verarbeitung;

(c) Geschäftstätigkeiten, die nicht in der Erbringung von Zahlungsdiensten bestehen, wobei das geltende Gemeinschaftsrecht und das jeweils maßgebende einzelstaatliche Recht zu berücksichtigen sind.“ Der Erwägungsgrund Ziffer VI ist durch den deutschen Gesetzgeber in § 1 Abs. 10 ZAG (Zahlungsdienste-Negativkatalog) und in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG umgesetzt worden.

§ 1 Abs. 10 ZAG schränkt den weiten sachlichen Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 ZAG erheblich ein. Er ist ein enumerativer Ausnahmenkatalog für solche Zahlungsdienste, die nach dem Willen des Gesetzgebers nicht vom ZAG erfasst werden sollen.

Eine weitere Einschränkung enthalten § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG, indem sie nur solche Zahlungsinstitute dem Erlaubnisvorbehalt unterwerfen, die Zahlungsdienste gewerbsmäßig oder, wenn schon nicht gewerbsmäßig, in einem Umfang erbringen, dass sie einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie, Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/11613, S. 46) führt dazu aus, dass Satz 1 des Erwägungsgrundes Ziffer VI der Zahlungsdiensterichtlinie diese Einschränkung rechtfertigt.

Die U. GmbH betrieb vier Spielhallen, die jeweils mit einem EC-Cash-Terminal ausgestattet waren. Die Umsätze der Terminals wurden über eigene Bankkonten abgewickelt. Allein im „Casino L.“ fielen in einem Zeitraum von drei Jahren 7.526 Bargeldauszahlungen in Höhe von insgesamt 444.230 € und Gebühren in Höhe von 7.526 € an. Dem Betrieb der EC-Cash-Terminals lag eine komplexe Vertragsgestaltung und Abwicklung zu Grunde. Der Geldkreislauf begann mit dem Abheben von Bargeld zum Befüllen der Automaten und endete mit Eingang der Gutschriften und der Gebühren auf dem für das Terminal eingerichteten Konto; Rechnungen für die Miete, für die Bereitstellung des Sammelkontos und für andere Dienstleistungen der La. AG mussten beglichen werden. Daher steht außer Frage, dass Zahlungsdienste in einem Umfang erbracht wurden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte.

Auf den Umfang der Zahlungsdienste im Verhältnis zu Geschäftstätigkeiten, die nicht in der Erbringung von Zahlungsdiensten bestehen (vgl. auch § 8 Abs. 2 Nr. 3 ZAG - hybrides Unternehmen), kommt es dagegen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG nicht an (vgl. hierzu Findeisen, aaO, § 1 Rn. 136). Ein allgemeines „Nebendienstleistungsprivileg“ kann aus Erwägungsgrund Ziffer VI nicht hergeleitet werden (vgl. LG Köln, Urteil vom 29. September 2011 - 81 O 91/11, WM 2012, 405, 406). Entscheidend ist, ob der Zahlungsdienst angesichts des Umfangs der erbrachten Zahlungsdienstleistungen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert oder ob der Zahlungsdienst selbst gewerbsmäßig betrieben wird. Ob weitere Geschäftstätigkeiten des Unternehmens, die nicht in der Erbringung von Zahlungsdiensten bestehen, gewerbsmäßig betrieben werden, darf hier nicht in die Prüfung einbezogen werden.

Zwar war es für den Geschäftsbetrieb der U. GmbH wesentlich, dass Spieler über Bargeld verfügten. Durch das EC-Cash-Terminal sollten demnach nicht nur mittels der Gebühren Einnahmen erzielt werden, sondern vor allem sollte die Gewinnerzielung im Rahmen der gewerbsmäßig betriebenen „Haupttätigkeit“ gefördert werden. Die für gewerbliche Betätigung erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich aber auf die Zahlungsdienste beziehen. Es genügt nicht, wenn die Zahlungsdienste die Gewinnerzielung im Rahmen einer anderen Geschäftstätigkeit fördern sollen (anders LG Köln, Urteil vom 29. September 2011 - 81 O 91/11, WM 2012, 405, 406).

Da die U. GmbH Zahlungsdienste in einem Umfang erbrachte, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte, kann dahin stehen, ob die Zahlungsdienste darüber hinaus auch gewerbsmäßig erbracht wurden. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass die Revision angesichts von einem Euro Gebühr, aber diversen mit dem Betrieb des EC-Cash-Terminals verbundenen Unkosten an der Gewerbsmäßigkeit Zweifel hat.

Einer richtlinienkonformen Auslegung bedarf es daher nicht.

9. Die Bewilligung der Ratenzahlung (§ 73c Abs. 2, § 42 Satz 1 StGB) lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Verfallsbeteiligten erkennen.

V.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 756

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel