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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 1065

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 510/10, Beschluss v. 19.10.2010, HRRS 2010 Nr. 1065


BGH 1 StR 510/10 - Beschluss vom 19. Oktober 2010 (LG Mannheim)

Unzulässiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Darlegung des Hindernisses bei einer Verfahrensabsprache; Verteidigerverschulden; Glaubhaftmachung); Recht auf ein faires Verfahren (effektive Verteidigung; Vertrauensschutz).

§ 44 StPO; § 257c StPO; Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK; Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG

Leitsatz des Bearbeiters

Beruft sich der Angeklagte darauf, dass sein früherer Verteidiger aus ihm unbekannten Gründen keine Revision eingelegt habe, obwohl er ihn ausdrücklich darum gebeten habe, so genügt dies für den Vortrag eines Hindernisses nicht, wenn nicht zugleich behauptet wird, dass der Verteidiger die Einlegung des Rechtsmittels auch zugesagt habe. Auf entsprechende Darlegungen kann jedenfalls dann nicht verzichtet werden, wenn das Urteil auf einer Verständigung mit den Verfahrensbeteiligten beruht.

Entscheidungstenor

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.

a) Der Angeklagte hat keine Tatsachen behauptet, die ihn - ohne sein Verschulden - an der Wahrnehmung der Revisionseinlegungsfrist gehindert haben können. Er beruft sich lediglich darauf, dass sein früherer Verteidiger aus ihm unbekannten Gründen keine Revision eingelegt habe, obwohl er ihn ausdrücklich darum gebeten habe. Er behauptet jedoch nicht, dass dieser ihm die Einlegung des Rechtsmittels auch zugesagt hat. Auf entsprechende Darlegungen kann im vorliegenden Fall nicht verzichtet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 3 StR 142/03, BGHR StPO § 44 Verschulden 8); denn das Urteil beruht auf einer Verständigung mit den Verfahrensbeteiligten (§ 257c StPO).

Das Gericht hatte einen Strafrahmen für die Gesamtfreiheitsstrafe zwischen drei Jahren und drei Jahren und drei Monaten angegeben. Der glaubhaft geständige Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Unter diesen Umständen konnte der Angeklagte nicht darauf vertrauen, dass sein Verteidiger Revision einlegen würde (vgl. BGH aaO; auch Senatsbeschluss vom 8. März 2001 - 1 StR 18/01).

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch unzulässig, weil der Angeklagte seinen Vortrag nicht glaubhaft gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die schlichte Erklärung des von der Fristversäumung Betroffenen genügt hierzu regelmäßig und insbesondere im vorliegenden Fall nicht (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 24. Juni 2009 - 1 StR 556/07, Rn. 6).

Die zur Glaubhaftmachung des Vortrags angekündigte anwaltliche Versicherung des früheren Verteidigers wurde nicht vorgelegt.

2. Die Revision des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO). Die Revisionseinlegungsfrist (§§ 341, 43 StPO) wurde nicht eingehalten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 1065

Bearbeiter: Karsten Gaede