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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 315

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 86/05, Urteil v. 18.12.2007, HRRS 2008 Nr. 315


BGH 1 StR 86/05 - Urteil vom 18. Dezember 2007 (LG Mosbach)

Einschränkende Auslegung der Geiselnahme (Realisierbarkeit der Nötigung); Teilerfolg bei der Nötigung; gesetzlicher Richter (eigene Strafzumessung des Revisionsgerichtes nicht bei Schuldspruchkorrektur).

§ 239b StGB; § 240 StGB; § 354 Abs. 1a StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es erforderlich, dass zwischen der Entführung eines Opfers und einer beabsichtigten Nötigung ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart besteht, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will (vgl. BGHSt 40, 350, 355, 359) und die abgenötigte Handlung auch während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGHR StGB § 239b Entführen 4). Der Zweck dieser Strafvorschrift, die schon wegen ihrer hohen Mindeststrafe der einschränkenden Auslegung bedarf, besteht gerade darin, das Sich-Bemächtigen oder die Entführung des Opfers deshalb besonders unter Strafe zu stellen, weil der Täter seine Drohung während der Dauer der Zwangslage jederzeit realisieren kann.

2. Allerdings liegt eine vollendete Nötigung bereits dann vor, wenn der Täter mehrere Verhaltensweisen des Opfers erstrebt, aber nur eine davon realisiert wird (BGH bei Dallinger MDR 1972, 386 f.), wobei auch das Erreichen eines Teilerfolges des Täters, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, für eine Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ausreichend sein kann.

3. Ebenso kann eine beliebige Handlung, Duldung oder Unterlassung einen Nötigungserfolg im Sinne des § 239b StGB darstellen. Jedenfalls solche Handlungen des Opfers, die eine nach der Vorstellung des Täters eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellen, führen zur Vollendung der mit der qualifizierten Drohung erstrebten Nötigung (BGHR StGB § 239b Nötigungserfolg 1).

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 15. Oktober 2004 bezüglich des Angeklagten G.

1. im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 4. der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung sowie im Fall II. 5. der tateinheitlich begangenen Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlichen Körperverletzung schuldig ist;

2. im Maßregelausspruch aufgehoben, der entfällt;

3. im Strafausspruch hinsichtlich der Einzelstrafen zu den Taten II.

4. sowie II. 5. und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

5. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Nötigung und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge insoweit gegen das Urteil, als er in den Fällen II. 4. und 5. auch wegen Geiselnahme verurteilt wurde.

I.

Durch Urteil vom 20. September 2005 hat der Senat den Schuldspruch - wie auch in der nunmehr ergangenen Entscheidung - abgeändert, von einer Aufhebung des Strafausspruchs gemäß § 354 Abs. 1a StPO jedoch abgesehen, weil der Senat sowohl die angegriffenen Einzelstrafen wie auch die aus diesen und weiteren Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe als angemessen angesehen hat.

Das Bundesverfassungsgericht - 1. Kammer des Zweiten Senats - hat durch Beschluss vom 10. Oktober 2007 - 2 BvR 1977/05 - auf die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten das vorgenannte Urteil des Senats wegen Verletzung seines Rechts aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgehoben und die Sache, soweit dadurch über die Revision des Angeklagten entschieden wurde, an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen, weil eine Anwendung des § 354 Abs. 1a StPO hinsichtlich des Strafausspruchs ausscheidet, wenn das Revisionsgericht nicht nur über Fehler bei der Zumessung der Rechtsfolgen zu befinden hat, sondern auch den Schuldspruch des tatrichterlichen Urteils korrigieren muss.

Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2007 ist das Verfahren in denjenigen Stand zurückversetzt worden, den es vor dem Urteil vom 20. September 2005 hatte, weshalb der Senat die Sache umfassend neu zu entscheiden hat.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zu einer Aufhebung zweier Einzelstrafen sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Zudem entfällt der Maßregelausspruch, welcher nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 27. April 2005 (BGHSt 50, 93, 99) nicht mehr den hierdurch festgelegten Voraussetzungen genügte.

II.

Das Landgericht hat seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

1. Im April verkaufte der Angeklagte dem Zeugen S. einmal drei Gramm Haschisch zum Preis von 20 Euro (Tat II. 1.) und ein weiteres Mal an S. und Y. zuvor von ihm selbst für 50 Euro erworbene 15 Gramm Haschisch zu einem Preis von 65 Euro (Tat II. 2.). Zugleich bot er diesen vier Kokainplomben zum Kauf an. Für die erste Tat hat die Strafkammer eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu fünf Euro, für die Tat II. 2. eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt.

2. In der Folge wurde der Angeklagte von einer unbekannt gebliebenen Person bedrängt, ihr Drogen zu verkaufen. Weil er davon ausging, dass diese ihr Wissen von S. vermittelt erhalten habe, wollte er S. einen Denkzettel verpassen. Er verbrachte darauf mit seinem Pkw den Zeugen S. an einen einsam gelegenen Ort, bedrohte ihn und zwang ihn dazu, bis auf Schuhe und Boxershorts alle Kleidungsstücke auszuziehen; sodann fuhr er weg, so dass S. unbekleidet zum nächsten Ort laufen musste, wo er erst bei Dunkelheit ankam. Hierfür hat das Landgericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ausgesprochen (Tat II. 3.).

3. (Fall II. 4.): Der Angeklagte hatte erfahren, dass der Zeuge S. anderen Personen von der vorgenannten Tat II. 3. erzählt hatte. Da der Geschädigte nach seiner Meinung offenbar seine damit verbundene "erste Warnung" nicht verstanden hatte, beschloss er, ihn nochmals in ein entlegenes Waldstück zu verbringen und dieses Mal seine Drohungen nachhaltig zu verstärken.

Zu diesem Zweck sprach er den Zeugen S. an und bat ihn freundlich und unter Verdeckung seiner wahren Absichten, in sein Fahrzeug einzusteigen, um mit ihm nochmals über den vergangenen Vorfall zu reden. S. ließ sich täuschen, stieg in das Fahrzeug ein, worauf der Angeklagte sofort losfuhr, sodass S. das fahrende Fahrzeug nicht mehr verlassen konnte. Der Angeklagte fuhr sodann in ein abgelegenes Waldgebiet, welches nur über Forstwege erreicht werden kann. Dort angekommen ließ er S. aussteigen und zog eine Schreckschusspistole, welche auf den Zeugen S. den Eindruck einer scharfen Waffe machte. Er wies sein Opfer darauf hin, dass er "keinen Spaß mache" und S. offenbar immer noch nicht gelernt habe, "das Maul zu halten". Um ihn künftig zum Schweigen zu bringen und einzuschüchtern, richtete der Angeklagte in der Folge mehrfach die Waffe gegen S. und drohte, ihn zu erschießen. Um seine Drohungen durchzusetzen und damit S. ihn in Zukunft weder bei der Polizei noch bei anderen Personen "verpfeifen" werde, schoss der Angeklagte neben S. in den Boden, sodass das durch die Druckwelle aufgewirbelte Laub den Eindruck einer scharfen Waffe verstärkte und S. nunmehr ernsthaft davon ausging, dass der Angeklagte ihn töten wolle, um ihn zum Schweigen zu bringen. In der Folge schoss der Angeklagte auch an der weisungsgemäß ausgestreckten Hand und am Oberschenkel von S. nur knapp vorbei. Er forderte schließlich den am ganzen Leib zitternden Zeugen S. auf, ihm seine Jacke auszuhändigen - dem kam S. nach - und außerdem in Zukunft den Mund zu halten, da er sonst ernst machen und ihn töten werde. Danach ließ er S. allein im Waldstück, vier Kilometer von der nächsten Verkehrsstraße entfernt, zurück.

4. (Fall II. 5.):

Einige Wochen später erhielt der Angeklagte eine polizeiliche Ladung zu einer Beschuldigtenvernehmung, weshalb er davon ausging, dass S. nunmehr Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe. Daraufhin beschlossen der Angeklagte und der ehemals Mitangeklagte K., S. gemeinsam abzustrafen. Sie waren sich dabei einig, dass einfache Drohungen nicht mehr ausreichen würden und man S. notfalls dauerhaft verletzen müsse, damit dieser endlich lerne, dass man andere Menschen nicht verrät. Sie verabredeten, ihn beim nächsten Aufeinandertreffen freundlich anzusprechen und ihn zum Einsteigen in den Pkw zu bewegen; danach wollte man ihn in ein einsames Waldstück verbringen, ihn dort gemeinsam zusammenschlagen und zuletzt das Wort "Verräter" mit einem Messer quer über die Brust einschneiden. Gleichzeitig sollte er aufgefordert werden, seine bei der Polizei gemachten Angaben zurückzuziehen und zukünftig den Mund zu halten.

Diesem Plan entsprechend überredeten sie S., als sie ihn dann wenige Tage später trafen, in den Pkw des Angeklagten einzusteigen, angeblich um mit ihm zu reden. Da sie zu zweit und zudem ihm körperlich überlegen waren, kam dieser ihrem freundlich geäußerten Verlangen nach. Als sie zu seiner Überraschung dann losfuhren, wollte er zwar aussteigen, was ihm aber nicht mehr möglich war. Im Wald angekommen, musste S. seine Oberbekleidung ausziehen. Danach schrieen K. und der Angeklagte ihn mehrfach an, dass er seinen Verrat eingestehen sollte, worauf S. jedoch nur antwortete, dass er niemanden verraten habe. Daraufhin schlug der Angeklagte mit den Fäusten auf S. ein, wobei K. ihn anfeuerte. Gleichzeitig heizte K. die Atmosphäre dadurch weiter auf, dass er sagte, S. sei ein Verräter und müsse bestraft werden. Der Angeklagte versetzte S. zunächst einen Faustschlag ins Gesicht und, nachdem er zu Boden gegangen war, mehrere Tritte in den Bauch, die Wade und gegen den Kopf. Nach einem weiteren Schlag des Angeklagten ergriff K. den S. an beiden Armen und hielt ihn fest. Daraufhin schnitt der Angeklagte mit einem Klappmesser mit einer Klingenlänge von 10 cm den Buchstaben "V" mit einer Schenkellänge von etwa 10 cm etwa 5 mm tief in die Brust des Opfers. Als sich zu diesem Zeitpunkt unerwartet ein von einem Forstarbeiter gesteuerter Radlader näherte und die Angeklagten fürchteten, entdeckt zu werden, forderten sie S. nochmals auf, in Zukunft seinen Mund zu halten. Sie nahmen ihn daraufhin im Pkw eine Strecke mit und ließen ihn an einem Ortsrand frei, wobei sie nochmals von ihm verlangten, er solle seine Angaben bei der Polizei zurückziehen. Der Zeuge S. wurde in der Folge aufgrund der Schwere der Verletzungen ins Krankenhaus gebracht, wobei die ihm zugefügte Schnittwunde mit über 30 Stichen genäht werden musste und auch einige Monate später noch eine deutlich erkennbare ca. 10 cm große V-förmige Narbe mit ca. 1 cm hohen dunkelrot gefärbten Narbenwulsten zu sehen war. Ob die Narbe operativ entfernt werden kann, steht noch nicht fest.

Das Landgericht hat in beiden Tatkomplexen das jeweilige Verbringen in den Wald mit den dortigen Handlungen als Geiselnahme, im zweiten Tatkomplex in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gewertet.

Der Angeklagte verfolgt mit seiner Revision den Wegfall der Verurteilung wegen zweier Fälle der Geiselnahme und ist der Auffassung, es handele sich im Fall II. 4. nur um einen Fall der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowie im Fall II. 5. um einen Fall der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und gefährlicher Körperverletzung.

III.

Die vom Landgericht zu den Fällen II. 4. und 5. getroffenen Feststellungen reichen nicht hin, jeweils darauf eine Verurteilung wegen eines Verbrechens der Geiselnahme nach § 239b StGB zu stützen.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es erforderlich, dass zwischen der Entführung eines Opfers und einer beabsichtigten Nötigung ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart besteht, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will (vgl. BGHSt 40, 350, 355, 359) und die abgenötigte Handlung auch während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGHR StGB § 239b Entführen 4). Denn der Zweck dieser Strafvorschrift, die schon wegen ihrer hohen Mindeststrafe der einschränkenden Auslegung bedarf, besteht gerade darin, das Sich-Bemächtigen oder die Entführung des Opfers deshalb besonders unter Strafe zu stellen, weil der Täter seine Drohung während der Dauer der Zwangslage jederzeit realisieren kann (BGH, Beschl. vom 14. Mai 1996 - 4 StR 174/96). Allerdings liegt eine vollendete Nötigung bereits dann vor, wenn der Täter mehrere Verhaltensweisen des Opfers erstrebt, aber nur eine davon realisiert wird (BGH bei Dallinger MDR 1972, 386 f.), wobei auch das Erreichen eines Teilerfolges des Täters, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, für eine Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ausreichend sein kann.

Ebenso kann eine beliebige Handlung, Duldung oder Unterlassung einen Nötigungserfolg im Sinne des § 239b StGB darstellen (BGH, Beschl. vom 2. Oktober 1996 - 3 StR 378/96). Jedenfalls solche Handlungen des Opfers, die eine nach der Vorstellung des Täters eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellen, führen zur Vollendung der mit der qualifizierten Drohung erstrebten Nötigung (BGHR StGB § 239b Nötigungserfolg 1).

2. Im Fall II. 4. wollte der Angeklagte den Zeugen S. einschüchtern und ihn dadurch künftig zum Schweigen bringen, insbesondere sollte er ihn weder bei der Polizei noch bei anderen Personen "verpfeifen". Damit waren seine Ziele auf ein Unterlassen in der Zukunft gerichtet, auf einen Zeitraum, zu dem der Zeuge aus der Gewalt des Angeklagten entlassen war. Aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt sich nicht, dass der Angeklagte davon ausgegangen ist, dass er bereits während der Bemächtigungssituation, insbesondere durch seinen Waffeneinsatz, erreichen wollte und konnte, dass der Zeuge S. sich zu diesem Zeitpunkt endgültig zu einem Schweigen verpflichtet und noch vor seiner Zurücklassung im Wald eine derartige Erklärung abgegeben hat. Damit erfüllt das Verhalten des Angeklagten nur die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der (schon im Hinblick auf die erzwungene Herausgabe der Jacke vollendeten) Nötigung.

3. Auch im Fall II. 5. ergibt sich aus den Feststellungen der Strafkammer nicht, dass der Zeuge S. auf die Drohungen und Aufforderungen des Angeklagten und des Mitangeklagten K., "seinen Mund zu halten" und seine angeblichen Angaben bei der Polizei zurück zu ziehen, eine entsprechende zusagende oder sonst zustimmende Erklärung noch während der andauernden Bemächtigungslage abgegeben hat; daher fehlt es am erforderlichen funktionalen Zusammenhang zwischen dem Sich-Bemächtigen einerseits und der beabsichtigten Nötigung durch qualifizierte Drohung andererseits (vgl. hierzu BGHR StGB § 239b Nötigungserfolg 1).

Darauf, dass das Landgericht nicht feststellen konnte, dass die dem Zeugen S. zugefügte schwere Entstellung infolge der V-förmigen roten und wulstigen Narbe eine dauerhafte Entstellung (§ 239b Abs. 1 i.V.m. § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB) sei, kommt es daher nicht an.

Das Verhalten des Angeklagten stellt danach keine Geiselnahme dar, sondern erfüllt die Tatbestände der tateinheitlich und gemeinschaftlich begangenen Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlichen Körperverletzung.

4. Da weitere Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 239b StGB nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch bezüglich der Fälle II. 4. und II. 5. in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst.

IV.

Die Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der beiden Taten führt zur Aufhebung der diesbezüglichen Einzelstrafen sowie der daraus und den weiteren Taten gebildeten Gesamtstrafe.

Die zum Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben, da sie von der Änderung des Schuldspruchs nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere Feststellungen hierzu kann der neue Tatrichter treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

V.

Zugunsten des Angeklagten war der Maßregelausspruch aufzuheben; denn nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 27. April 2005 (BGHSt 50, 93, 99) setzt die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit bei Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs voraus, dass die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen. Den Feststellungen des Landgerichts ist derartiges nicht zu entnehmen; insbesondere gab es offensichtlich nicht die Gefahr, dass der Zeuge S. sich seiner Freiheitsberaubung während der Fahrt in dem Pkw des Angeklagten körperlich widersetzt, wodurch bei einem möglichen Gerangel dann zumindest eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs hätte entstehen können.

Im Übrigen haben sich keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 315

Bearbeiter: Karsten Gaede