hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 521

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 160/05, Beschluss v. 01.06.2005, HRRS 2005 Nr. 521


BGH 1 StR 160/05 - Beschluss vom 1. Juni 2005 (LG Deggendorf)

Inbegriff der Hauptverhandlung (Verstoß durch Verwertung nicht in das Verfahren eingeführter Tatortphotos).

§ 261 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 16. Dezember 2004 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO Erfolg. Die Beweiswürdigung stützt sich maßgeblich auf Beweismittel, die nicht Inbegriff der Hauptverhandlung waren.

Der Schuldspruch basiert nach den schriftlichen Urteilsgründen u.a. auf der "Inaugenscheinnahme der Tatortfotos (Bl. 128 f.d.A.)" (UA S. 9). "Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. O., ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses S. Der Sachverständige hat den Angeklagten persönlich exploriert und untersucht. Seine Untersuchungsergebnisse hat er in der Hauptverhandlung ohne erkennbare Widersprüche oder Fehler vorgetragen. Es bestand kein Anlaß, dem Sachverständigen nicht zu folgen" (UA S. 10).

Tatsächlich waren die Tatortfotos nicht Gegenstand der Beweisaufnahme. Auf deren Inaugenscheinnahme wurde ausweislich der Sitzungsniederschrift ausdrücklich verzichtet. Zum Zwecke der Vernehmungshilfe vorgehalten worden sein konnten die Aufnahmen nach dem Verhandlungsablauf - Zeugen wurden nicht gehört, zum eigentlichen Tatgeschehen ließ sich der Angeklagte nur pauschal ein - nicht. Der Sachverständige Dr. O. nahm an der Hauptverhandlung überhaupt nicht teil. Er war einen Tag zuvor abgeladen worden.

Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß das Urteil auf diesen Verfahrensfehlern, auf der Bewertung der nicht erhobenen Beweise beruht, wenn auch der "umfassend" geständige Angeklagte "das Kerngeschehen ... durch seinen Anwalt als zutreffend im Sinne des Anklagevorwurfs eingeräumt" hat (UA S. 9), ausweislich der Sitzungsniederschrift (Bl. 361) im Verlauf der Hauptverhandlung aus der Zusammenfassung des vorbereitenden schriftlichen Gutachtens von Dr. O. vom 25. April 2004 festgestellt wurde, daß die Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63 nicht vorlägen und der Rechtsfolgenausspruch dem Antrag des damaligen Verteidigers entsprach. Daß die Strafkammer trotz der einschlägigen Vorstrafen § 66 StGB nicht erörterte, beschwert den Angeklagten nicht.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 521

Externe Fundstellen: StV 2005, 596

Bearbeiter: Karsten Gaede