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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 505

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 101/04, Beschluss v. 01.04.2004, HRRS 2004 Nr. 505


BGH 1 StR 101/04 - Beschluss vom 1. April 2004 (LG Coburg)

Darlegungsanforderungen bei der Rüge einer durch einen Beweisantrag eingeforderten zu unrecht unterlassenen Beweiserhebung (Vortrag von Negativtatsachen; konkrete Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Urteils; Sachverständigenbeweis); Zurückweisung eines ergänzenden Vortrages wegen Verletzung der Begründungsfrist.

§ 244 Abs. 3, Abs. 4 StPO; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

Es entspricht nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine zulässige Verfahrensrüge, wenn eine Rüge der entgegen einem erhobenen Beweisantrag zu unrecht unterlassenen Beweiserhebung (hier: Vernehmung eines Sachverständigen) sich nicht mit Ausführungen des Urteils auseinandersetzt, die auf eine Beachtung des Beweisantrages schließen lassen können (gebotene konkrete Auseinandersetzung mit Umständen, die gegen die Richtigkeit des Revisionsvorbringens sprechen).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 18. September 2003 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Der Angeklagte wurde wegen zahlreicher bewaffneter Banküberfälle und weiterer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt; seine Sicherungsverwahrung wurde angeordnet. Seine auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der näheren Ausführung bedarf nur folgendes:

In der Hauptverhandlung vom 5. Juni 2003 wurde ein Gutachten dazu beantragt, wie lange nasse Socken naß bleiben. Die Revision führt aus: "Der Beweisantrag wurde weder durch Gerichtsbeschluß abgelehnt, noch wurde der Beweis erhoben. Beweis: Hauptverhandlungsprotokoll Seite 1 bis 245". Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung wurde am 5. August 2003 eine Diplom-Textilingenieurin als Sachverständige gehört. Es wurde also ein Sachverständiger einer bestimmten Fachrichtung gehört, nachdem die Anhörung eines Sachverständigen zu einer Frage dieser Fachrichtung beantragt worden war. Mit der pauschalen Behauptung, der Beweis sei nicht erhoben worden, fehlt die gebotene konkrete Auseinandersetzung mit Umständen, die gegen die Richtigkeit des Revisionsvorbringens sprechen.

Dies entspricht nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine zulässige Verfahrensrüge (vgl. BGHSt 40, 218, 240; BGH NStZ-RR 1999, 26, 27). Allerdings trägt die Revision mit Schriftsatz vom 31. März 2004 in ihrer Erwiderung auf den Antrag des Generalbundesanwalts (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) vor, aus sonstigem Akteninhalt ergebe sich, daß die Sachverständige nicht zu dem Thema des Beweisantrags, sondern zu einem anderen Thema gehört worden sei. Dieses Vorbringen ist jedoch ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen, weil es nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO angebracht worden ist (vgl. BGH StV 1999, 407 m.w.N.). Auf die von der Revision aus Rechtsgründen für unverwertbar gehaltene, inhaltlich aber nicht bestrittene Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft, die im Detail die Ausführungen der Sachverständigen zu der Beweisfrage darlegt, kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für die hilfsweisen Erwägungen der Revision, jedenfalls ergebe das Vorbringen der Staatsanwaltschaft die inhaltliche Unzulänglichkeit des Gutachtens.

Auch im übrigen hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts vom 25. Februar 2004 Bezug, die durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet werden.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 505

Externe Fundstellen: NStZ 2005, 222

Bearbeiter: Karsten Gaede