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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 90/02, Beschluss v. 16.05.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 90/02 - Beschluss vom 16. Mai 2002 (LG Stuttgart)

Strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten; sexueller Missbrauch von Kindern.

§ 78 Abs. 1 StGB; § 176 StGB; § 46 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29. November 2001 wird mit der Maßgabe verworfen, daß im Fall 1 die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 4. April 2002 folgendes ausgeführt:

"Nicht bestehen bleiben kann die Verurteilung des Angeklagten im Fall 1 wegen in Tateinheit zum sexuellen Missbrauch des Kindes begangenen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Hinsichtlich des Delikts nach § 174 StGB kann der Schuldspruch für die 'Ende des Jahres 1992/Anfang des Jahres 1993 begangene Tat keinen Bestand haben, weil insoweit Verjährung eingetreten ist.

Das Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren. Die Verjährung wurde erstmals nach § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB durch die am 4. September 2000 erfolgte erste Vernehmung des Angeklagten unterbrochen (Bl. 4 Bd. 1 d.A.). Somit ist die Ahndung der Tat im Fall 1 ausgeschlossen, soweit sie die Voraussetzungen des § 174 StGB erfüllt. Alle anderen Delikte sind hingegen in nicht verjährter Zeit verübt worden.

Die Korrektur des Schuldspruchs nötigt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer im Fall 1 bei richtiger Rechtsanwendung auf eine niedrigere als die ausgesprochene Einzelstrafe erkannt hätte. Das Tatgericht hat die Einzelstrafe fehlerfrei dem unverändert gebliebenen Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB entnommen. Dabei hätte es das tateinheitlich verwirklichte und wegen Verjährung nicht mehr verfolgbare Vergehen des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen strafschärfend berücksichtigen dürfen, wenn auch nicht mit dem selben Gewicht wie ein nicht verjährtes Delikt. Im Übrigen kommt dem Umstand, dass sich der Angeklagte an seinem leiblichen Kind vergangen hat, unabhängig von der Anwendbarkeit des § 174 StGB eine straferschwerende Wirkung zu, weil dieser Gesichtspunkt die Tatschuld erhöht."

Dem schließt sich der Senat an. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Bearbeiter: Karsten Gaede