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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 496/02, Beschluss v. 15.01.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 496/02 - Beschluss vom 15. Januar 2003 (LG Stuttgart)

Tötungsvorsatz (Brutalität der Tatausführung als Indiz).

§ 15 StGB; § 16 StGB; § 212 StGB

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2002 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Zur Rüge, das Landgericht habe hinsichtlich des Angeklagten B. den bedingten Tötungsvorsatz nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, bemerkt der Senat ergänzend:

Das Landgericht hat alle für die Abgrenzung von bedingtem Vorsatz zu bewußter Fahrlässigkeit maßgeblichen Umstände berücksichtigt, namentlich das Ziel und den Beweggrund für die Tat, die Art der Ausführung, die von der Tat ausgehende Gefährlichkeit, den Kenntnisstand des Täters sowie seine psychische Verfassung (vgl. zur Abgrenzung BGH NStZ 2001, 475; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 1, 5, 8, 11, 14 [Elektroschutzanlage], 30, 35, 37, 38, 39, jeweils m.w.N.). Danach ist nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer auf den bedingten Tötungsvorsatz aufgrund der "Brutalität" geschlossen hat, mit der beide Angeklagten mit Händen und Fäusten in kurzen Abständen während eines Zeitraums von rund 15 Minuten gegen Kopf und Gesicht auf das zuletzt handlungsunfähige Opfer eingeschlagen hatten. Nicht entgegensteht, daß die konkrete Todesursache letztlich das Ersticken des Opfers war. Dem Geschädigten waren die Atemwege durch einen Blut- und Schleimsumpf versperrt, was durch die kniende Position vor dem Bett - in direktem Kontakt von Mund und Nase mit dem Teppichläufer - bedingt war. In dieser Haltung hatten die Angeklagten das handlungsunfähige Opfer belassen, anstatt es auf die Seite zu drehen. Die sachverständig beratene Kammer hat zu Recht darauf verwiesen, es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, daß es aufgrund solch massiver Schläge zu Schädigungen des Hirns und zur Handlungsunfähigkeit des Opfers kommen könne. Angesichts dieser Umstände mußte die Strafkammer auch nicht zu Gunsten des Angeklagten B. annehmen, dieser habe mit seiner Anweisung an den Mitangeklagten Z., das Tatopfer nicht auf das Bett zu legen, damit es nicht an seinem Blut ersticke, die tödliche Gefährdung des Opfers durch Ersticken im Bett gerade verhindern wollen. Dem Angeklagten mag der Tod des Tatopfers an sich unerwünscht gewesen sein; er hatte sich aber wegen seines angestrebten Zieles der Bestrafung des Tatopfers gleichwohl mit diesem Taterfolg abgefunden. Auch in einem solchen Fall liegt bedingter Tötungsvorsatz vor.

Bearbeiter: Karsten Gaede