Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 161/01, Beschluss v. 09.05.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Die Revision des Angeklagten Hakim A. gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 7. November 2000 wird mit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte in den Fällen II 1 a bis 1 e der Urteilsgründe jeweils der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Mißbrauch von Kindern schuldig ist.
2. Dem Angeklagten Safer A. wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das vorbezeichnete Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt; er trägt die Kosten der Wiedereinsetzung.
Die Revision dieses Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO), jedoch ist die Urteilsformel, zu Gunsten des Angeklagten dahin zu ändern (§ 349 Abs. 4 StPO), daß der Angeklagte in den Fällen II 1 a bis 1 e der Urteilsgründe nicht wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Mißbrauch von Kindern, sondern wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Mißbrauch von Kindern verurteilt ist.
In diesen Fällen waren beide Angeklagte in jeweils im einzelnen festgestellter, unterschiedlicher Weise an Gewalthandlungen gegen die damals dreizehn Jahre alte Nebenklägerin beteiligt, die es dem Angeklagten Safer A. ermöglichten, mit ihr gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr auszuüben.
Die Jugendkammer geht davon aus, der Angeklagte Hakim A. habe dadurch das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt. Obwohl er nicht selbst den Beischlaf vollzogen habe, sei er wegen (mittäterschaftlicher) Vergewaltigung zu verurteilen. Tateinheitlich liege schwerer sexueller Mißbrauch von Kindern vor; insoweit habe der Angeklagte sowohl die Voraussetzungen von § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB als auch die Voraussetzungen von § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt.
1. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 21. März 2001 - 1 StR 32/01 (m.w.Nachw., auch aus den Gesetzesmaterialien), im einzelnen ausgeführt hat, sind bei derartigen Fallgestaltungen zwar nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des Regelbeispiels eines besonders schweren Falls der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wohl aber die eines Regelbeispiels gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt. Da eine Tat jedoch nur dann in der Urteilsformel als Vergewaltigung zu kennzeichnen ist, wenn ein Regelbeispiel gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt ist, war die Urteilsformel entsprechend zu ändern.
2. Die genannten Erwägungen zu § 177 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gelten hier entgegen der nicht ausgeführten Annahme der Jugendkammer hinsichtlich § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB entsprechend.
Die danach unzutreffende Annahme der Jugendkammer, der Angeklagte habe in den in Rede stehenden Fällen auch § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, schlägt sich im Schuldspruch jedoch nicht nieder.
3. Der Strafausspruch bleibt von alledem unberührt.
a) Daß sich die Annahme der Jugendkammer, der Angeklagte habe zwar (nur) die Voraussetzungen des Regelbeispiels gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt, die Taten seien aber gleichwohl als Vergewaltigung in der Urteilsformel zu kennzeichnen, auf den Strafausspruch ausgewirkt haben könnte, ist hier auszuschließen.
b) Der Senat kann auch ausschließen, daß sich der aufgezeigte Mangel hinsichtlich § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Die Jugendkammer weist lediglich im Rahmen der Erwägungen, mit denen sie hinsichtlich beider Angeklagter in sämtlichen Fällen, in denen die Nebenklägerin vergewaltigt wurde, minder schwere Fälle gemäß § 177 Abs. 5 StGB ablehnt, darauf hin, daß ein Kind Opfer der Taten war. Darüber hinaus ist § 176a StGB im Rahmen der Zumessung der (gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB zutreffend dem Strafrahmen von § 177 Abs. 2 StGB entnommen) Strafen für die in Rede stehenden Fälle weder ausdrücklich noch sinngemäß erwähnt.
Bearbeiter: Karsten Gaede