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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 498/00, Beschluss v. 06.12.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 498/00 - Beschluß v. 6. Dezember 2000 (LG Nürnberg-Fürth)

Verhältnis der besonders schweren Brandstiftung zur einfachen Brandstiftung

§ 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Zwischen der (einfachen) Brandstiftung und der besonders schweren Brandstiftung besteht nicht Tateinheit, sondern Gesetzeseinheit.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Juni 2000 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß die tateinheitliche Verurteilung wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) entfällt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in zwei Fällen in Tateinheit mit Brandstiftung, mit besonders schwerer Brandstiftung und mit Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts öffnete der Angeklagte im Hause seiner Ehefrau eine Verschraubung am Gaszähler, so daß Gas ausströmte. Er verteilte sodann Lampenöl im Hause. Als zwei Polizeibeamte in das Haus eindrangen, in dem er sich verbarrikadiert hatte, warf er ihnen einen brennenden Gegenstand entgegen. Dadurch entzündete sich das zwischenzeitlich ausgeströmte Gas. Es kam zu einer Explosion; das Treppenhaus fing Feuer. Unter anderem brannten ein Türblatt des Kinderzimmers im Obergeschoß sowie Holzteile am Eingangsbereich zum Dachraum. Die Brandstellen hätten selbständig weitergebrannt, wenn die Flammen nicht gelöscht worden wären. Die Strafkammer geht davon aus, daß für die beiden Polizeibeamten Lebensgefahr bestand und der Angeklagte deren Tod zumindest billigend in Kauf genommen habe.

2. Zu Recht hat das Landgericht die bezeichneten Tatbestände als erfüllt erachtet. Allerdings besteht entgegen seiner Auffassung zwischen der (einfachen) Brandstiftung und der besonders schweren Brandstiftung nicht Tateinheit, sondern Gesetzeseinheit. Der Senat hat bereits für den Fall der Inbrandsetzung ein und desselben fremden, der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes entschieden, daß der Tatbestand der schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB denjenigen der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängt (Beschl. vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00). So verhält es sich auch hier: Neben dem Schuldspruch wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB ist kein Raum für eine tateinheitliche Verurteilung wegen (einfacher) Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB), die nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung die "Fremdheit" des Tatobjektes zum Ausdruck bringen soll (vgl. nur Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 306b Rdn. 14, § 306 Rdn. 20). Auch § 306b Abs. 2 Nr. 1 (i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) enthält alle Merkmale des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB; er schützt - neben Leib und Leben - auch fremde wie eigene Gebäude, mithin gegebenenfalls auch das fremde Eigentum (vgl. dazu Senat, Beschl. vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00 - BA S. 3 bis 5).

3. Der Schuldspruch bedarf daher der Änderung; der Strafausspruch kann gleichwohl bestehen bleiben. Zwar hat das Landgericht bei der Strafbemessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, daß er tateinheitlich mehrere Straftatbestände verwirklicht hat (UA S. 40). Angesichts des verbleibenden Schuldspruchs wegen versuchten Mordes in zwei Fällen, Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und der besonders schweren Brandstiftung, die den wesentlichen Unrechtsgehalt der (einfachen) Brandstiftung hier mit erfaßt, vermag der Senat aber auszuschließen, daß die Höhe der Strafe von der Schuldspruchänderung beeinflußt werden könnte. Das gilt zumal auch deshalb, weil bei der Straffindung im Blick auf die Vorschrift der besonders schweren Brandstiftung die Fremdheit des in Brand gesetzten Gebäudes ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) hätte berücksichtigt werden dürfen (vgl. dazu Senat aaO).

4. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt (§ 349 Abs. 2 StPO).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Es erscheint nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den Kosten zu belasten, weil der Erfolg seines Rechtsmittels lediglich geringfügig ist.

Externe Fundstellen: StV 2001, 232

Bearbeiter: Rocco Beck