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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 952

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 37/25, Beschluss v. 25.06.2025, HRRS 2025 Nr. 952


BGH 3 StR 37/25 - Beschluss vom 25. Juni 2025 (LG Koblenz)

Computerbetrug (Täuschung über Identität und Zahlungswilligkeit; keine Täuschung über Zahlungsfähigkeit bei Fehlen einer automatisierten Bonitätsprüfung).

§ 263a StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Verwendet die Angeklagte bei Online-Bestellungen Personalien eines Dritten, ist es für die Strafbarkeit nach § 263a StGB unerheblich, dass keine automatisierte Bonitätsprüfung vorgenommen wurde, weil in diesem Fall eine Täuschung nicht nur über die Zahlungsfähigkeit, sondern auch über die Identität und die Zahlungswilligkeit gegeben ist. Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein solch automatisierter Prüfvorgang im Rahmen des § 263a StGB als erforderlich angesehen wird (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2009, 1287, 1288; OLG Hamm NJW 2024, 3307, 3308), betreffen diese Entscheidungen andere Lebenssachverhalte, die insbesondere durch ein Handeln im eigenen Namen gekennzeichnet waren. Daher kommt es nicht darauf an, ob dieser Rechtsansicht - was sich jedenfalls nicht von selbst versteht - beizutreten wäre.

Entscheidungstenor

1. Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung der Revisionsbegründung wird verworfen.

2. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 1. Oktober 2024 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels, die dadurch entstandenen besonderen Kosten des Adhäsionsverfahrens sowie die dem Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten in 17 Fällen, Betruges in acht Fällen sowie falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungs- sowie eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, ihr Wiedereinsetzungsantrag nicht zulässig.

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch in die Frist zur Begründung der Revision ist unzulässig, weil die Revision der Angeklagten infolge der rechtzeitig erhobenen Sachrüge form- und fristgerecht begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 1951 - 1 StR 5/51, BGHSt 1, 44 mwN; vom 10. Juli 2008 - 3 StR 239/08, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 14 Rn. 2; vom 16. Mai 2024 - 3 StR 112/23, juris Rn. 2 mwN). Das Urteil ist der Angeklagten am 20. November 2024 und dem Pflichtverteidiger am 4. Dezember 2024 zugestellt worden. Gemäß § 37 Abs. 2 StPO ist die zuletzt bewirkte Zustellung maßgeblich, so dass die am 4. Oktober 2024, 11. Oktober 2024 und 23. Dezember 2024 eingegangenen Revisionsbegründungen rechtzeitig waren.

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

Da die Angeklagte bei ihren Online-Bestellungen Personalien eines Dritten verwendete, ist es im Fall II. Tat 17 der Urteilsgründe für die Strafbarkeit nach § 263a StGB unerheblich, dass keine automatisierte Bonitätsprüfung vorgenommen wurde, weil eine Täuschung nicht nur über die Zahlungsfähigkeit, sondern auch über die Identität und die Zahlungswilligkeit gegeben war (vgl. MüKoStGB/Hefendehl/Noll, 4. Aufl., § 263a Rn. 119). Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein solch automatisierter Prüfvorgang im Rahmen des § 263a StGB als erforderlich angesehen wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 2 Ss 155/08, NJW 2009, 1287, 1288; OLG Hamm, Beschluss vom 3. September 2024 - 4 ORs 98/24, NJW 2024, 3307, 3308), betreffen diese Entscheidungen andere Lebenssachverhalte, die insbesondere durch ein Handeln im eigenen Namen gekennzeichnet waren. Daher kommt es nicht darauf an, ob dieser Rechtsansicht - was sich jedenfalls nicht von selbst versteht - beizutreten wäre (mit guten Gründen kritisch MüKoStGB/Hefendehl/Noll aaO, Rn. 82, 119; BeckOK StGB/Schmidt, 65. Ed., § 263a Rn. 23; s. auch TK-StGB/Perron, 31. Aufl., § 263a Rn. 15; Waßmer in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 263a Rn. 55).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 952

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede