HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 883
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 63/25, Beschluss v. 21.05.2025, HRRS 2025 Nr. 883
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 12. November 2024
a) im Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellen kinderpornographischer Inhalte in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, schuldig ist;
b) im Gesamtstrafenausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verurteilt wird;
c) im Adhäsionsausspruch
aa) dahin geändert, dass Zinsen ab dem 25. Oktober 2024 zu zahlen sind, und
bb) aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass der Angeklagte verpflichtet ist, alle zukünftigen immateriellen Schäden aus den zum Nachteil der Adhäsionsklägerin begangenen und der Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegenden Taten zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind; im Umfang der Aufhebung wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die dadurch entstandenen besonderen Kosten des Adhäsionsverfahrens und die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen und Herstellens kinderpornographischer Inhalte in drei Fällen, davon in zwei Fällen darüber hinaus in Tateinheit mit Vergewaltigung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und Entscheidungen im Adhäsionsverfahren getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Verfahrensrüge hat aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
2. Die rechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung zur Sachrüge veranlasst zum Schuldspruch lediglich eine Klarstellung. Der Senat hat den Urteilstenor, der sich hinsichtlich der Konkurrenzverhältnisse als missverständlich erweist, wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich neu gefasst. Ausweislich der Urteilsgründe wollte das Tatgericht zweifelsfrei eine Verurteilung wegen dreier Taten aussprechen.
3. Der Gesamtstrafenausspruch weist indes zum Härteausgleich einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
a) Das Landgericht hat, insoweit rechtsfehlerfrei, einen Härteausgleich wegen der vollständigen Vollstreckung der Geldstrafe aus der Verurteilung durch das Amtsgericht Güstrow vom 13. Juli 2023 im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe für erforderlich gehalten.
b) Die Durchführung des Härteausgleichs ist aber rechtsfehlerhaft.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleibt dem Tatrichter überlassen, wie er den Härteausgleich vornimmt. In seinem Ermessen liegt, ob er eine fiktive Gesamtstrafe bildet und diese dann um die vollstreckte Strafe mindert oder den Nachteil unmittelbar bei der Feststellung der neuen Strafe berücksichtigt (BGH, Urteile vom 23. Januar 1985 - 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132, und vom 23. Juni 1988 - 4 StR 169/88, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 1; Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 20 Rn. 6). Erforderlich ist jedoch, dass ein angemessener Härteausgleich vorgenommen wird und dies den Urteilsgründen hinreichend deutlich zu entnehmen ist (BGH, Urteil vom 29 Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; Beschlüsse vom 3. September 1975 - 2 StR 400/75, und vom 10. März 2009 - 5 StR 73/09, StV 2010, 240 Rn. 4).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat nicht zu erkennen, wie das Landgericht, das aus Einzelfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten und zweimal vier Jahren eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren gebildet hat, den Nachteil einer entgangenen Einbeziehung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen ausgeglichen hat. Der Senat reduziert zur Meidung jeder Beschwer des Angeklagten die durch das Landgericht verhängte Gesamtstrafe um einen Monat.
4. Auch der Adhäsionsausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung zum Teil nicht stand.
a) Der Ausspruch über die Zinsen in der Adhäsionsentscheidung ist zu berichtigen. Die Adhäsionsklägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen auf den ihr zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1, § 187 Abs. 1 BGB analog ab dem Tag, der auf den Eintritt der Rechtshängigkeit folgt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 - 4 StR 431/19, BGHR StPO § 357 Erstreckung 15 mwN). Dies war hier der 25. Oktober 2024, denn der Antrag ging am 24. Oktober 2024 bei dem Landgericht ein, wodurch er rechtshängig wurde (§ 404 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Dass der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift eine Änderung nicht beantragt hat, hindert den Senat nicht an einer Korrektur im Beschlussweg. Ebenso wenig steht ihr das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) entgegen. Der Senat ist nicht gehindert, die Zinsentscheidung aufgrund des Rechtsmittels des Angeklagten auf das rechtlich zutreffende frühere und damit für den Angeklagten ungünstigere Datum zu ändern, denn bei den im Adhäsionsverfahren verfolgten Ansprüchen handelt es sich nicht um Rechtsfolgen der Tat im Sinne von § 358 Abs. 2 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 2000 - 3 StR 426/00, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 11, und vom 26. März 2024 - 4 StR 426/23, ZfSch 2024, 644 Rn. 3).
b) Soweit das Landgericht eine Ersatzpflicht des Angeklagten für künftige immaterielle Schäden der Adhäsionsklägerin aus den Taten festgestellt hat, verstößt dies - wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt ist - gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes (vgl. zu diesem nur BGH, Beschluss vom 24. Mai 2023 - 4 StR 66/23, Rn. 4 mwN). Denn in den Urteilsgründen ist nicht dargetan, dass mit Spätschäden zu rechnen wäre, die nicht derart voraussehbar sind, dass sie bereits bei der Zubilligung und Bemessung des Schmerzensgeldes in Betracht standen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2024 - 4 StR 13/24, Rn. 2). Der Senat hebt den Feststellungsausspruch daher insoweit auf und spricht aus, dass von einer Entscheidung über den Feststellungsanspruch in diesem Umfang abzusehen ist (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache nur zur teilweisen Erneuerung des Adhäsionsverfahrens scheidet aus (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2024 - 1 StR 346/23, Rn. 4 mwN).
5. Im verbleibenden Umfang des Schuld-, Straf- und Adhäsionsausspruchs hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils anhand der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels, den besonderen Kosten des Adhäsionsverfahrens und den notwendigen Auslagen der Adhäsions- und Nebenklägerin zu belasten (§ 472 Abs. 1, § 472a Abs. 2 und § 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 883
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede