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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1277

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 268/25, Beschluss v. 12.08.2025, HRRS 2025 Nr. 1277


BGH 2 StR 268/25 - Beschluss vom 12. August 2025 (LG Kassel)

Versuchte sexuelle Nötigung (Versuchsbeginn: Drohung mit Verbreitung intimer Fotos).

§ 22 StGB; § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB; § 177 Abs. 3 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Der Versuch der sexuellen Nötigung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel (§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB) beginnt jedenfalls mit Verwirklichung eines der Tatbestandsmerkmale des zweiaktigen Delikts, also bereits mit der Drohung.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 18. Dezember 2024 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit Erpressung in drei Fällen sowie der versuchten sexuellen Nötigung in Tateinheit mit versuchter Erpressung schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen sowie wegen versuchter Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf eine Verfahrensrüge sowie die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Verschlechterung des Schuldspruchs in allen abgeurteilten Fällen und bleibt im Übrigen ohne Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte die Nebenklägerin im Zeitraum vom 10. Juli 2023 bis zum 31. Oktober 2023 in drei Fällen durch Drohung mit der Verbreitung intimer Fotos zu sexuellen Handlungen mit ihm in verschiedenen Hotels sowie dazu, dass sie ihm bei diesen Treffen Mahlzeiten bezahlte (Fälle II.2.a. und II.2.b. der Urteilsgründe) und Kleidungsstücke kaufte (Fall II.2.b. der Urteilsgründe) und im letzten dieser drei Fälle einen Geldbetrag von 2.500 Euro übergab (Fall II.2.c.). Die Strafkammer hat diese Taten rechtlich als Vergewaltigung in drei Fällen gewürdigt. Am 17. März 2024 forderte der Angeklagte von der Nebenklägerin unter erneuter Drohung mit der Verbreitung der Bilder wiederum sexuelle Handlungen in einem Hotel sowie die Zahlung von weiteren 3.000 Euro, so dass sie mit ihm ein Treffen auf den 19. März 2024 vereinbarte (Fall II.2.d. der Urteilsgründe). Am verabredeten Tag wurde der Angeklagte am Treffpunkt von der durch die Nebenklägerin inzwischen eingeschalteten Polizei festgenommen. Diese Tat hat die Strafkammer rechtlich als versuchte Erpressung gewertet.

2. Die Verfahrensrüge versagt aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen.

3. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4. Der Senat verschlechtert indes in den Fällen II.2.a. bis II.2.c. der Urteilsgründe den Schuldspruch auf die Anregung des Generalbundesanwalts, der zutreffend darlegt, dass die Feststellungen des Landgerichts auch die jeweils tateinheitlich zur Vergewaltigung hinzutretende Verwirklichung des Tatbestands der Erpressung nach § 253 Abs. 1 StGB belegen. Der Senat verschlechtert darüber hinaus den Schuldspruch auch im Fall II.2.d. der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte erneut sowohl eine Geldzahlung als auch sexuelle Handlungen abzunötigen erstrebte. Diese Tat stellt sich rechtlich als tateinheitlich zur versuchten Erpressung hinzutretende versuchte sexuelle Nötigung nach § 177 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3, §§ 22, 23 StGB dar. Indem der Angeklagte am 17. März 2023 das empfindliche Übel der Verbreitung der Bilder androhte, verwirklichte er eines der Tatbestandsmerkmale des zweiaktigen Delikts und erreichte damit dessen Versuchsstadium (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2018 - 2 StR 123/18, NStZ 2019, 79 Rn. 6; OLG Hamm, Urteil vom 9. April 2019 - 3 RVs 10/19, Rn. 20 ff.). Das Verschlechterungsverbot steht der Änderung der Schuldsprüche auf die Revision des Angeklagten nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Juni 2025 - 2 StR 124/25, Rn. 14). Da sich der Angeklagte nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können, hindert auch § 265 StPO die Änderung des Schuldspruchs nicht.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1277

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede